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Würde man ihre Tätigkeit zum Gegenstand einer TV-Serie machen, hieße die wohl CSI Konstanz, doch in der Realität im Büroalltag sieht es anders aus als in den TV-Serien: Die Rede ist vom Konstanzer Kompetenz-Zentrum für Bootskriminalität, das in Fachkreisen im schlichten Beamtendeutsch auf die Kürzel KBK reduziert wird. Dabei kommt, objektiv von außen betrachtet, der Begriff „Kompetenz“ allerdings deutlich zu kurz. Auch wenn die Konstanzer Ermittler nicht mit solch üppigen Sonderrechten ausgestattet sind wie die Helden in den amerikanischen TV-Serien, konnten sie doch bis jetzt (Stand Ende 2018) Vermögenswerte von ca. 30 Mio. Euro sicherstellen. Damit haben sie sich in den einschlägigen Kreisen wohl schon jetzt den nötigen Respekt verschafft.
Da der Diebstahl bzw. die Unterschlagung von Booten vor Ländergrenzen nicht Halt macht und in der Praxis im Schengenraum an den Grenzen nur noch stichprobenartige Personenund Fahrzeugkontrollen stattfinden, sind den Langfingern im wahrsten Sinne des Wortes Tür und Tor geöffnet. Genau hier setzt die Arbeit der Konstanzer Sonderermittler an, die im Prinzip auf den zwei Säulen des polizeilichen Handelns beruht: Prävention, um potentiellen Straftätern erst gar keine Gelegenheit zu geben, ihr geplantes strafbares Handeln in die Tat umzusetzen und, wenn es doch zu einer strafbaren Handlung gekommen ist, durch schnelle, gründliche Aufklärung die Täter der Gerichtsbarkeit zuzuführen. Hier schließt sich der Kreis dann wieder: Aufklärung der Taten mit anschließender Verurteilung der Täter gilt immer noch als die beste Art der Prävention.
Zu den spektakulärsten Fällen, die das Konstanzer Expertenteam in den letzten Jahren aufklären konnte, zählte ein 800.000 Euro teurer Katamaran, den Täter in Kroatien charterten und der schließlich seinen Weg über eine Registrierung in Deutschland bis zur KaribikInsel St. Martin fand. Hier schlugen die Konstanzer Ermittler zu und ließen den luxuriösen Segler beschlagnahmen.
Das Tagesgeschäft sieht dann aber doch ganz anders aus: Gestohlene Außenbord-Motoren und kleinere Sportboote wechseln Sommer wie Winter auf nicht legale Weise ihren Besitzer. „Weil viele Eigner den Diebstahl meist erst bemerken, wenn die Täter über alle Berge sind, laufen Fahndungsmaßnahmen oft zunächst ins Leere“, erklärt ein Fahnder des KBK gegenüber SeaHelp. Im zweiten Angriff, wenn die Beute quasi als Hehlerware veräußert wird, rollen die Konstanzer Bootsspezialisten dann meist das Feld von hinten auf und gelangen über den Hehler zum Täter.
Deshalb warnt die Dienststelle auch immer wieder vor vermeintlichen Internet-Schnäppchen, die mit einer mehr oder weniger glaubwürdigen Legende angeboten werden. Doch wie so oft im Leben: Je niedriger der Preis für den Kaufgegenstand, desto weniger Vorsicht lassen potentielle Käufer walten. Stellt sich heraus, dass das angebliche Schnäppchen nichts anderes als Hehlerware war, folgen meist lange Gesichter und letztlich sogar die Beschlagnahme, der Totalverlust des gezahlten Geldes und als „dickes Ende“ meist auch noch eine Strafanzeige wegen Erwerbs von Diebesgut. Hier helfen auch keine Ausreden, wie der Fahnder erklärt: „Gutgläubigen Erwerb gibt es (strafrechtlich, Anm. d. Red.) nicht, auch wenn der Preis fast marktüblich war.“
Und er hat gleich noch einen Hinweis für Verkäufer parat: Aber auch wenn Sie ein Sportboot zum Verkauf anbieten, werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit „Interessenten“ an Sie wenden, deren einzige Zielrichtung es ist, nicht ihr Boot zu kaufen, sondern durch unterschiedlichste und plausible Geschichten wie Transportlösungen, Devisenwechselgeschäfte und viele Varianten mehr Ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Auch hier sind Fahnder hilfreich und haben viele Bootsbesitzer schon vor teilweise erheblichem finanziellen Schaden bewahrt.“
Die Reiserouten der Straftäter führen bekanntlich meist Richtung Osteuropa, wo unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen sogar noch die Möglichkeit besteht, an Diebesgut Eigentum zu erwerben. Sind die Landesgrenzen aus dem Schengenraum hinaus erst einmal überquert, fällt es schwerer und ist wesentlich aufwändiger, das Diebesgut wieder zurück zu bekommen. Die Täter gehen den maritimen Fahndern fast immer ins Netz, denn die müssen ja hier ihr Geld verdienen. Und augenzwinkernd fügt der Fahnder hinzu: „Ein Heimspiel ist immer effizienter…“ Und was viele Täter nicht bedenken: Transportfahrzeuge und deren Inhalt werden neben der saftigen Strafe gleich mit abgeschöpft. Das tut denen dann doppelt weh.
Hier auf der SeaHelp-Homepage wurde eigens ein entsprechendes Antragsformular mit den erforderlichen Daten für ein Auskunftsersuchen eingerichtet, das über die SeaHelp-Zentrale an die Konstanzer Fachdienststelle weitergeleitet wird. Außerdem finden Eigner hier auch einen Vordruck, der mit allen relevanten Daten im Falle eines Diebstahls an die KBK übersandt werden kann, um eine umgehende polizeiliche Ausschreibung in den Fahndungssystemen zu veranlassen. Hier können auch Fahndungsplakate und Merkblätter eingesehen werden, die wertvolle Tipps beim Kauf von Booten und maritimen Ausrüstungsgegenständen geben sowie zum Verhalten im Schadensfall. Aber zur Klarstellung betont ein Sprecher der Fachdienststelle: „Die Anzeige des Diebstahls bei uns ist nur ein zusätzlicher Service der Polizei. Es muss so schnell wie möglich bei der örtlich zuständigen Polizeidienststelle am Tatort Strafanzeige erstattet werden.“
Auch wenn für einen Schaden letztlich die Versicherung aufkommt, der immaterielle Schaden ist meist nicht zu ersetzen. Schlimmer aber noch: Wer auf einen gewieften Ganoven hereinfällt und sich eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Hehlerei einhandelt, muss einiges unternehmen, um sich von dem Makel rein zu waschen.