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Reparieren statt ersetzen – und dabei sparen: Neue EU-Regeln für nachhaltiges Verbraucherverhalten, schon jetzt gibt es den Reparaturbonus

Google Suche: Plattform Reparaturbonus
© GOOGLE (Screenshot)

Die Mehrheit der EU-Bevölkerung bevorzugt eine Reparatur gegenüber dem Neukauf. Hersteller werden künftig verpflichtet, Produkte auch nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsfrist zu reparieren. Wer schon jetzt etwas für die Umwelt tun- und sparen will, nutzt den Reparaturbonus.

Man kennt das: der Außenborder, ein Ausrüstungsteil oder Navigationsinstrumente wurden gerade erst frisch angeschafft, und geben doch kurz nach Kauf bzw. unmittelbar nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungspflicht den Geist auf. Oft ist hier eine vorzeitige und geplante Obsoleszenz im Spiel.

Generell galt bisher: nach dem Kauf kann man innerhalb von zwei Jahren eine fehlerhafte oder mangelhafte Ware reklamieren. Das sind Gewährleistungsrechte nach dem Gesetz. Die Garantie ist eine zusätzliche, freiwillige Leistung des Herstellers (Herstellergarantie) oder des Händlers (Händlergarantie). Diese können Dauer und Bedingungen frei bestimmen.

Verbraucher können in der Regel zwischen Garantie und Gewährleistung wählen

In der Regel kann man wählen, nach welchem System man die Ware reklamieren möchte: Garantie oder Gewährleistung. Im Gewährleistungsfall gilt: ist die Reparatur zweimal gescheitert oder hat der Händler das Produkt vergeblich ausgetauscht, kann man sein Geld zurückverlangen.

Sind jedoch Gewährleistung (und Garantie) abgelaufen, so hatten Verbraucher bisher lediglich die Wahl, das defekte Teil oder das kaputte Gerät auf eigene Kosten reparieren zu lassen – oder es gleich neu zu kaufen.

Diese für die Verbraucher unbefriedigende Situation wird sich nun ändern: wie das Europa-Parlament mitteilte, nahm das EU-Parlament in Straßburg im November des vergangenen Jahres mit 590 zu 15 Stimmen bei 15 Enthaltungen seinen Standpunkt zu einem verstärkten Recht auf Reparatur an.

Die neuen EU-Regeln sollen die Reparatur fehlerhafter Waren einfacher machen

Die neuen Regeln sollen zu nachhaltigerem Konsum anregen: Sie sollen die Reparatur fehlerhafter Waren einfacher machen, Abfall reduzieren und die Reparaturbranche fördern. Während der Gewährleistungsfrist wären Verkäufer demnach

  1. verpflichtet, zu reparieren, anstatt zu ersetzen, wenn eine Reparatur gleich viel oder weniger kostet – es sei denn, die Reparatur ist nicht machbar oder für den Verbraucher bzw. die Verbraucherin ungünstig,
  2. die Abgeordneten schlugen außerdem vor, die Gewährleistungsfrist um ein Jahr ab dem Zeitpunkt der Reparatur zu verlängern.

Hintergrund ist, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher das Recht haben sollen, für Geräte auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist eine Reparatur verlangen zu können.

Damit Reparieren attraktiver wird als Ersetzen, sollen Hersteller für die Dauer der Reparatur Leihgeräte zur Verfügung stellen müssen. Kann ein Produkt nicht mehr repariert werden, könnte stattdessen ein bereits repariertes Produkt angeboten werden.

Bisher gab es vielerlei Gründe, die Verbraucher davon abgehalten haben, ihr defektes Gerät reparieren zu lassen

Bisher war es so, dass hohe Kosten, der schwierige Zugang zu Reparaturdiensten oder Konstruktionsmerkmale, die eine Reparatur verhindern, Verbraucherinnen und Verbraucher oft davon abgehalten haben, ein Produkt reparieren zu lassen.

Das Parlament will deshalb sicherstellen, dass unabhängige Betriebe, die Reparaturen und Instandsetzung anbieten, sowie Endverbraucher alle nötigen Ersatzteile, Informationen und Werkzeuge zu angemessenen Preisen bekommen.

Über Online-Plattformen sollen Verbraucherinnen und Verbraucher Reparaturbetriebe (darunter auch sogenannte Repaircafés) und Verkäufer überholter Waren in ihrer Nähe finden können. Die Abgeordneten schlagen außerdem vor, über nationale Reparaturfonds Gutscheine und andere finanzielle Anreize bereitzustellen, um Reparaturen erschwinglicher und attraktiver zu machen.

Auch auf die Umwelt würde sich die neue EU-Richtlinie positiv auswirken: Konsumgüter wegzuwerfen, die noch repariert werden könnten, hat tiefgreifende Folgen für die Umwelt: Jedes Jahr entstehen in der EU dadurch Emissionen in Höhe von 261 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent und 35 Mio. Tonnen Abfall, gleichzeitig werden 30 Mio. Tonnen Ressourcen verschwendet.

Verbraucherinnen und Verbrauchern, die Produkte ersetzen, anstatt sie zu reparieren, entstehen pro Jahr rund 12 Mrd. EUR Mehrkosten. Einer Studie der Europäischen Kommission zufolge würden 77 % der EU-Bevölkerung eine Reparatur einem Neukauf vorziehen.

Die neue Richtlinie soll die Reparatur einfacher, leichter zugänglich und erschwinglicher machen

Im Februar 2024 haben sich das EU-Parlament und der Rat nun auf die von der EU-Kommission vorgeschlagenen neuen Regeln für das Recht auf Reparatur geeinigt. „Die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen eine aktive Rolle übernehmen und zu einer grüneren Umwelt beitragen. Die Kommission hat auf diesen Wunsch gehört“, begrüßte EU-Justizkommissar Didier Reynders die Einigung.

Unnötiger Abfall und eine unnötige Verschwendung wertvoller Ressourcen ließen sich unter anderem dadurch vermeiden, dass Waren repariert statt automatisch durch neue ersetzt würden. „Wir wollen den Verbraucherinnen und Verbrauchern helfen, sich von der Wegwerfmentalität zu verabschieden, die für unseren Planeten so schädlich ist“, sagte Reynders; die neue Richtlinie werde die Reparatur „einfacher, leichter zugänglich und erschwinglicher“ machen.

Wenn es nach der Europäischen Kommission geht, sollen Verbraucherinnen und Verbraucher eine einfachere und kostengünstigere Reparatur von Defekten bei allen Geräten verlangen können, die technisch reparierbar sein müssen – und zwar auch und gerade dann, wenn die gesetzliche Gewährleistungspflicht bereits abgelaufen ist.

Die Hersteller werden verpflichtet, öffentlich Angaben über ihre Reparaturleistungen zu machen und dabei insbesondere auch anzugeben, wieviel die gängigsten Reparaturen ungefähr kosten werden. Mit den vereinbarten Vorschriften werden die Mitgliedstaaten außerdem verpflichtet, Reparaturen mit weiteren Maßnahmen zu fördern, z. B. mit Reparaturbonus, Reparaturgutscheinen oder Reparaturfonds.

Reparieren statt wegwerfen: in Deutschland und Österreich gibt es bereits den Reparaturbonus

In einigen Teilen von Deutschland (Sachsen und Thüringen) ist bereits eine neue Umwelt-Initiative gestartet, die die Reparatur von Elektro- und Elektronikgeräten fördern soll. Mit dem sogenannten Reparaturbonus können Verbraucher bis zu 200 Euro Zuschuss für die Reparatur eines defekten Elektrogeräts erhalten.

Antragstellen können Privatpersonen mit Wohnsitz im jeweiligen Bundesland sein, für die der Reparaturbonus gilt. Voraussetzung ist, dass das defekte Elektrogerät mindestens drei Jahre alt ist und in einem der folgenden Bereiche liegt: Haushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik, Büro- und Computertechnik, Telekommunikation, Unterhaltungselektronik.

Der Reparaturbonus beträgt 50 Prozent der Reparaturkosten, bis zu maximal 200 Euro (in Thüringen 100 Euro). Die Förderung kann für die Reparatur eines Elektrogeräts pro Jahr (in Sachsen zweimal pro Jahr) beantragt werden. Der Reparaturbonus kann online oder per Post beantragt werden. Ab wann es den Reparaturbonus flächendeckend in ganz Deutschland geben wird, ist aktuell noch nicht bekannt.

In Österreich ist man da schon weiter: Seit April 2022 können Privatpersonen mit Wohnsitz in Österreich (landesweit) Reparaturbonus über einen Reparaturbon beantragen, der bis zu 50 Prozent der Reparaturkosten und / oder bis zu 30 Euro für die Einholung eines Kostenvoranschlags (insgesamt maximal 200 Euro) für ihre Elektro- und Elektronikgeräte deckt.

 

Reparaturbonus Österreich: www.reparaturbonus.at
© www.reparaturbonus.at (Screenshot)

 

Der Reparaturbonus wird aus Mitteln des von der Europäischen Union zur Verfügung gestellten Finanzierungs- und Aufbaufonds „Next Generation EU“ im Rahmen des österreichischen Aufbau- und Resilienzplans finanziert. Der Reparaturbonus umfasst ein Fördervolumen von insgesamt 130 Millionen Euro bis zum Jahr 2026.

Eine neue Reparaturplattform soll es Verbrauchern erleichtern, passende Reparaturwerkstätten zu finden

Neu ist nach EU-Angeben zudem die Einrichtung einer europäischen Reparaturplattform, die es Verbraucherinnen und Verbrauchern erleichtern soll, über einfach zu bedienende Suchwerkzeuge passende Reparaturwerkstätten zu finden. Über die Plattform sollen Reparaturwerkstätten, oft kleine und mittlere Unternehmen, ihre Dienstleistungen anbieten können.

In einem nächsten, letzten Schritt müssen das Europäische Parlament und der Rat nun den Text, auf den sie sich politisch schon geeinigt haben, noch förmlich verabschieden. Sobald dies geschehen ist, wird die Richtlinie zum Reparaturbonus im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und tritt 20 Tage später in Kraft.

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