Die partielle Reisewarnung, die Deutschland für die kroatischen Regionen Sibenik und Split ausgesprochen hat, fällt letztlich zu Unrecht in der öffentlichen Wahrnehmung auf das ganze Land zurück. Während sich in Istrien und in der Kvarner Region sowohl Einheimische als auch Touristen bis auf wenige Ausnahmen an die üblichen Corona-Regeln halten, scheint die Situation in Dalmatien offensichtlich vielerorts aus dem Ruder gelaufen zu sein. Die SeaHelp-Redaktion erreichten per Mail von einem deutschen Medienschaffenden zwei Situationsberichte, die wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen.
Langjähriger Kroatien-Kenner
Anmerken möchten wir aber an dieser Stelle, dass wir die Beiträge in Form eines Leserbriefes weitergeben, der die Schilderungen des Autors wiedergibt. In einem Gespräch konnten wir uns allerdings von der Seriosität der Person überzeugen. Der Autor, Axel Klawuhn von der Filmwerk Medienproduktion in Kulmbach schreibt, er habe „in diesem schönen Land sehr viele Filme produziert, den Original Winnetou wieder an den Ort seiner größten Erfolge, für eine Dokumentation zurück gebracht oder für Wolfgang Rademann das Traumschiff-Sequel „Kreuzfahrt ins Glück- Kroatien“ als Locationscouts coproduced. Das was wir hier gerade erleben ist ein Wandel, den wir diesem Land eigentlich nicht wünschen.“
Im Norden Kroatiens kaum epidemiologische Gefahr
Dennoch hat es das Land Kroatien nicht verdient, dass andere Regionen mit den dalmatinischen Hotspots über einen Kamm geschoren werden. Wie aus vielen Urlauber-Berichten zu entnehmen ist, existiert auch ein gewisses „Nord-Süd-Gefälle“ hinsichtlich der Beachtung der Corona-Regeln. Im Norden, also Istrien und Kvarner sieht es mit Ausnahme der Partyhochburg Zrce ähnlich aus wie in den meisten deutschen und österreichischen Regionen, in Dalmatien, insbesondere in den Regionen Sibenik und Split zeichnet sich ein gänzlich anderes Bild ab.
Hier Teil 1 seines Beitrags:
„Wir haben bis einschl. letzten Samstag auf der MY Vranjak, bzw. unter Wasser gedreht. Danach hatte ich ein paar Tage frei und bin nun privat in Petrcane nahe Zadar.
Hier hatte ich heute morgen ein interessantes Gespräch mit Goran Sremec, dem Manager vom Falkensteiner Iadera Hotel. Er hat mir bestätigt, dass nach der Schließung zweier Nachtclubs in Zadar, wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Covid-19-Maßnahmen, die Betreiber auf Partyboote ausgewichen sind. Damit umgeht dieser Personenkreis anscheinend die geltenden Regeln, um weiterhin fürs Partyvolk entsprechende Möglichkeiten zu schaffen. Sicherlich auch im finanziellen Eigeninteresse.
Kroatische Behörden weitgehend untätig in Sibenik und Split
Einer meiner Kameramänner ist aktuell in Novalja im Urlaub und hat mir mitgeteilt, dass am Zrce-Strand die Party weitergeht. Den meist jungen Besucher mag es egal sein, ob wir eine weltweite Pandemie haben oder nicht. Dummerweise torpedieren diese wenigen Uneinsichtigen ein ganzes Land und sorgen für negative Schlagzeilen. Andererseits greifen die kroatischen Behörden aber auch nicht wirklich oder konsequent durch. Denn mit den Partys am Strand lässt sich bekanntermaßen gutes Geld verdienen (Ischgl lässt grüßen). Boris Suljic, einst Inhaber einer der Open Air Diskotheken am Zrce-Strand, heute seriöser Winzer und Betreiber des Hotels, Restaurants und Weingutes Boskinac, kennt die Verhältnisse nur zu gut, und würde die Zeit gerne zurückdrehen. Ich kenne ihn seit den Anfängen im Jahr 2000. Seinen Wohlstand hat er der Partyszene von Novalja zu verdanken.
Als ich vor wenigen Jahre am späten Abend durch den Ort gegangen bin, konnte ich miterleben, wie junge, halb oder teilweise ganz nackte junge Menschen auf den Balkonen mitten im Ort getanzt haben, habe erlebt, welchen Müll diese Leute am Strand hinterlassen. Das ist eine Entwicklung, die nachdenklich stimmt, die aber seitens der kroatischen Offiziellen billigend in Kauf genommen wird.“
Dann kam aus Deutschland Reisewarnung für Sibenik und Split
Am Tag darauf, aber nicht in Zusammenhang mit der Mail an SeaHelp, sprach Deutschland eine partielle Reisewarnung für die Regionen Split und Sibenik aus. Und Axel Klawuhn, langjähriger Kroatien-Kenner, meldete sich erneut zu Wort:
Teil 2 des Beitrags:
„Hier ein paar neue Infos: Dass die Region Šibenik zum Risikogebiet erklärt wurde verwundert nicht. Wir waren gestern an den Krka-Wasserfällen, haben aber auf den Bootstransfer verzichtet, da hier außer den Helfern an den Anlegestellen niemand eine Maske trägt. Mindestabstände auf den Booten sind kaum möglich, da die Personenzahl so ziemlich am Limit liegen dürfte.
Wir haben uns für den Hin- und Rückweg per Bike entschieden. Bei der Ankunft an den Wasserfällen aber zur sofortigen Umkehr entschlossen. Die Massen an Menschen, die fast ausnahmslos ohne Maske unterwegs waren, erschienen uns als zu riskant (Titelbild). An den Essständen trägt das Personal keine Masken oder diese unter dem Kinn, in der Konoba Mate, direkt am Hafen verzichtet man auch recht großzügig auf den Mund-Nase-Schutz.
Polizei kontrolliert nur den Verkehr
Die Bilder von gestern Abend aus Pakoštane sprechen für sich. Die Behörden reagieren überhaupt nicht. Die einzige Präsenz zeigen Polizeikräfte bei Verkehrskontrollen und Geschwindigkeitsmessungen.
Hauptleidtragende: Kleine Hotel- und Pensionsbetreiber
Es ist frustrierend dies alles mitanzusehen, bedeutet es doch, dass die Zahl der Infizierten noch weiter ansteigen wird und die europäischen Umländer weitere Reisewarnungen aussprechen werden. Die Leidtragenden sind diejenigen, die sich um die Einhaltung von Regeln bemühen, die kleinen Hotel- und Pensionsbetreiber, die keinerlei Lobby hinter sich haben. Die großen Hotels, wie das Falkensteiner Iadera, indem wir uns zur Zeit aufhalten, werden das überleben, der Rest wird ein mehr als mieses Jahr erleben. Hier hat sich das Management mittlerweile dazu entschieden für diejenigen Gäste, die mehr als drei Tage gebucht haben, kostenlose PCR Tests durchzuführen.
Wir sind morgen Nachmittag an der Reihe, da wir planen am Sonntag sehr früh nach Hause zurückzukehren. Das Ergebnis erhalten wir am Samstag im Laufe des Tages per Mail.“
Reisewarnung kein Reiseverbot
Beim Lesen dieser Zeilen und beim Betrachten der mit übersandten Bilder muss man zwangsläufig zu dem Schluss kommen, als hätten die beiden Regionen förmlich um die Reisewarnung „gebettelt“. Doch selbst hier gilt: Wer sich vom Partytourismus und Menschenversammlungen fern hält, wie wohl alle Bootseigner in der Region, kann auch hier weiterhin relativ ungefährdet seinen Urlaub verbringen. Das gilt auch für Gäste in den Appartements und auf Campingplätzen, die abseits vom Massentourismus ihre Ruhe suchen und bei bestimmten Angeboten auch einmal „nein“ sagen können. Eines sollte bei all der medialen Hysterie derzeit auch nicht vergessen werden: Eine Reisewarnung stellt kein Reiseverbot dar, letztlich kann jeder für sich selbst entscheiden, wie er die Situation für sich und seine Familie einschätzt.