Seenebel kann ganz plötzlich auftreten und ist gefährlich, insbesondere dann, wenn man in dicht befahrenen Revieren unterwegs ist. Wie entsteht Nebel? Und was kann man als Sportskipper tun, wenn es einen auf See kalt erwischt?
Es erwischte uns in Portugal. Es wehte ein leichter Wind, die See war ruhig, die Sonne schien. Die Stimmung an Bord war ausgelassen. Es versprach ein schöner, unbeschwerter Segel-Törn zu werden. Ein paar Stunden die Küste entlang, irgendwo einen Badestopp einlegen, und wieder zurück. So lautete unser Plan.
Doch aus diesem Plan wurde leider nichts. Denn: kaum draußen auf See, tauchte plötzlich wie aus dem Nichts eine weißgraue Wand vor uns auf, hoch und riesengroß. Die Wand kam schnell auf uns zu, und nur ein, zwei Minuten später war die Sicht komplett weg – der Seenebel hatte uns komplett eingehüllt.
Von einem Augenblick auf den anderen war es kälter und dunkler um uns herum geworden, lediglich ein paar Meter konnten wir noch Dinge um uns herum erkennen, gerade noch so konnten wir unsere Bugspitze ausmachen. Aber alles, was weiter als zehn Meter entfernt war, konnten wir schlichtweg nicht mehr sehen, wenn überhaupt, dann nur erahnen.
Glücklicherweise war gerade nicht viel los auf dem Wasser, und wir waren noch nicht weit entfernt von unserem Liegeplatz. So entschlossen wir uns aus Sicherheitsgründen, auf der Stelle kehrtzumachen und in unserem Kielwasser schnell wieder zurück zur Marina zu fahren. Einen Plotter hatten wir an Bord, zur Sicherheit checkten wir regelmäßig den Kompasskurs – bis wir wohlbehalten wieder unsere Leinen im Hafen festmachen konnten, wo der Nebel glücklicherweise auch nicht so stark war wie draußen auf See.
Die Wassertröpfchen entstehen durch Kondensation des Wassers der feuchten und übersättigten Luft
Um zu verstehen, was da gerade passiert war, sollte man wissen, was Nebel eigentlich ist. Unter Nebel versteht man in der Meteorologie einen Teil der Atmosphäre, in dem Wassertröpfchen fein verteilt sind, und der in Kontakt mit dem Boden (sie „berühren“ den Boden) steht. Die Wassertröpfchen entstehen durch Kondensation des Wassers der feuchten und übersättigten Luft.
Dieser Berührungsnebel (Meteorologen sprechen auch von Advektionsnebel) kommt dadurch zustande, dass feuchte Warmluft vom Süden in die kälteren Gebiete im Norden strömt und dabei eine bodennahe Kaltluftschicht aufwirbelt. Die Warmluft wird dabei abgekühlt, weshalb es in der Folge zur Kondensation und damit Tröpfchenbildung kommt. Auch durch das Aufeinandertreffen verschieden temperierter Meeresströmungen und durch Auftrieb von Luftmassen kann Nebel entstehen.
Der Seenebel (oder Küstennebel) ist ein Sonderfall des Berührungsnebels
Als Sonderfall des Berührungsnebels gilt indes der Küsten- oder Seenebel. Die Wasseroberflächen sind besonders im Frühling meistens deutlich kühler als die Landoberflächen. Kommt es dann zu einer Advektion der über dem Land befindlichen warmen Luftmassen, so kühlen sich diese über dem Wasser schnell ab. Die nach Erreichen des Taupunkts gebildeten Wassertropfen lagern dann als dünne Nebelschicht direkt über der Wasserfläche (Kaltwassernebel).
Besonders folgenreich ist diese Nebelform dann, wenn es am Tag durch eine Erwärmung im Landesinneren zu Seewind kommt. Der eigentlich über dem Wasser lagernde Nebel wird dann an die Küsten befördert, ein solcher Küstennebel-Einbruch ist von einem erheblichen Wechsel von Sicht- und Temperaturbedingungen geprägt, und tritt zudem überaus plötzlich auf. Genau das war uns bei unserem Portugal-Törn passiert.
Bei Seenebel kann man zwar viel schlechter – oder überhaupt nicht – sehen, dafür aber viel besser hören
Was kann man tun, wenn es einen draußen kalt erwischt? Nun, zunächst sollte man die Ruhe bewahren und nicht panisch werden. Man sollte Fahrt aus dem Schiff nehmen, Segeln mit verkleinerter Segelfläche (wenn es noch etwas Wind im Nebel gibt) ist besser als motoren, denn so kann man besser hören, ob andere Schiffe oder Yachten in der Nähe sind. Übrigens: bei Seenebel kann man zwar viel schlechter – oder überhaupt nicht – sehen, dafür aber viel besser hören).
SeaHelp rät:
Bei Nebel sollte, wenn vorhanden, unbedingt das Radar eingeschaltet werden. Alle 30 Sekunden sollten fünf kurze Signaltöne (Gefahr eines Zusammenstosses) abgegeben werden, wenn ein anderes Boot gehört wird, das Signal-Intervall verkürzen. Die Fahrgeschwindigkeit sollte auf Standgas reduziert werden. Und: die gesamte Crew sollte sich an Deck aufhalten, damit niemand bei einer möglichen Kollision in der Kabine eingeschlossen wird.
Außerdem wichtig: da man im Nebel keine Sicht mehr hat, kann es passieren, dass man sehr schnell die Orientierung verliert. Deshalb sollte man Position und Uhrzeit bei Eintreten des Seenebels in der Seekarte vermerken, die Positionslichter sollten eingeschaltet sein, wenn mehrere Personen an Bord sind, sollte eine Person – besser zwei – den Ausguck (in alle Richtungen) besetzen.
Befindet man sich gerade in einem Fahrwasser, sollte man dieses schnell verlassen. Besser kann es sein, sich „außen“ von Tonne zu Tonne weiterzuhangeln (sofern möglich, Tiefenangaben beachten!).
Nebelbänke lösen sich im Allgemeinen im Sommer durch die Sonne oder aufkommenden Wind relativ schnell wieder auf. So war es auch bei uns, nur Stunden nach Auftreten des Seenebels war dieser komplett wie weggeblasen. Erneut fuhren wir mit unserem Boot hinaus – dieses Mal ohne weitere Störungen.
24h NOTRUF EUROPA: 0043 50 43 112
In einem Notfall können die Einsatzboote von SeaHelp mittels der praktischen SeaHelp-App, oder unter der kostenlosen Notrufnummer für Europa 0043 50 43 112 (bzw. unter der alternativen Notrufnummer für Europa 00385 919 112 112 gerufen werden.
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