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Einbau Tipps & Sicherheit: Solaranlage auf Booten nachrüsten

Der nachträgliche Einbau von Solaranlagen (Photovoltaiksystemen) auf Booten und Yachten ist eine sinnvolle Maßnahme für mehr Autarkie an Bord – insbesondere für Segler, Langfahrtcrews oder Eigner, die in längere Zeit in ruhigen Buchten ankern wollen. Dennoch gibt es einige wichtige technische, sicherheitstechnische und rechtliche Aspekte, die man beim Einbau beachten sollte.

Autark an Bord: damit Licht, Kühlschrank, elektrischer Außenborder oder Wasserpumpe ohne Stromanschluss zuverlässig funktionieren, setzen Bootsbesitzer immer häufiger auf Solarenergie. „Die Installation einer Photovoltaikanlage am Fahrzeug ist eine praktikable Lösung, um elektrischen Strom autark und emissionsfrei zu erzeugen – vorausgesetzt, sie wird fachgerecht montiert“, sagt Frank Schneider, Referent für Fahrzeugtechnik beim TÜV-Verband.

„Sachverständige begegnen in der Praxis immer wieder abenteuerlichen Konstruktionen Marke Eigenbau, die grundlegende Sicherheitsanforderungen missachten.“ So können sich unzureichend befestigte oder ungeschützte Bauteile bei Bremsmanövern lösen oder verrutschen. Schneider: „Kritisch sind falsch dimensionierte Kabel, fehlende Sicherungen oder thermische Überlastung. Das führt im schlimmsten Fall zu Kurzschlüssen oder Bränden.“

Beim nachträglichen Einbau einer Photovoltaik-Anlage an Bord ist viel technisches Know-how gefragt

Was aus Sicht des TÜV-Profis für Wohnmobile gilt, beansprucht genauso Geltung bei Booten und Yachten. Hier wie dort ist grade beim nachträglichen Einbau viel technisches Know-how gefragt. Welche Kabel dürfen verwendet werden? Wie müssen Module befestigt oder Batteriesysteme abgesichert sein? Welche An- und Umbauten sind überhaupt zulässig? SeaHelp klärt, was beim Einbau von Solaranlagen auf Booten/Yachten unbedingt beachtet werden sollte.

Bereits bei der Auswahl der Komponenten sollten die Bootsbesitzer mit Bedacht vorgehen. So gibt es etwa zwei Arten von Solarmodulen: Es gibt flexible (leichter, aber empfindlicher) und starre Module (robuster, schwerer). Auch in puncto Laderegler gibt es Unterschiede: ein MPPT-Laderegler ist effizienter als ein PWM-Regler – besonders bei wechselnden Lichtverhältnissen.

(Zur Begriffserklärung: Maximum Power Point (MPP) bezieht sich auf den Punkt, an dem eine Solaranlage ihre maximale Leistung erreicht. Dieser Punkt wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, wie z.B. Temperaturänderungen oder Schattenwurf durch umliegende Objekte. Das Maximum Power Point Tracking (MPPT) ermöglicht es, trotz dieser Einflüsse die maximale Leistung der Solaranlage zu erreichen, indem es kontinuierlich nach dem optimalen Leistungspunkt sucht).

Bei der Auswahl von Paneelen, Laderegler, Batterie, Kabeln und Steckverbindern sollte mit Bedacht vorgegangen werden

Was ist der Unterschied zwischen MPPT und PWM? PWM-Regler (Pulsweitenmodulation) reduzieren die Spannung der Solaranlage nahezu auf die Batteriespannung, während MPPT-Regler die Eingangsspannung optimieren, um die maximale Leistung der Solaranlage zu nutzen. MPPT-Regler sind daher effizienter als PWM-Regler.

Wie funktioniert das Maximum Power Point Tracking (MPPT)? Es gibt verschiedene technische Verfahren, um den optimalen Leistungspunkt zu erreichen, wie z.B. Schattenmanagement, Spannungserhöhung, Lastsprünge, steigende Konduktanz und konstante Spannung. Diese Methoden ermöglichen eine kontinuierliche Suche nach dem maximalen Leistungspunkt, unabhängig von externen Bedingungen.

Hat man sich für den geeigneten Laderegler entschieden, steht die Wahl einer Batterie an: hier stehen AGM-, Gel– oder Lithiumbatterien zur Auswahl – je nach Anforderung. AGM steht für Absorbent Glass Mat – eine spezielle Bauweise bei Bleiakkumulatoren. Der Unterschied zu herkömmlichen Starterbatterien liegt in der Art und Weise, wie der Elektrolyt gespeichert wird: Statt frei in flüssiger Form, ist die Säure in einem Vlies aus Glasfasern gebunden. Beachtet werden sollte, dass bei Lithium-Akkus spezielle Sicherungen nötig sind.

In Bezug auf Kabel und Stecker sollte beachtet werden, dass nur UV-beständige, mehradrige, marinezertifizierte Kabel Verwendung finden (z. B. H07RN-F oder spezielle Schiffskabel). Stecker sollten der IP67/68-Norm entsprechen (die Norm IP67 schützt vor Staub und zeitweiligem Untertauchen bis zu einem Meter Tiefe für maximal 30 Minuten, während die Norm IP68 vor Staub und dauerhaftem Untertauchen unter vom Hersteller spezifizierten Bedingungen schützt, was typischerweise tiefer als ein Meter ist).

Die Installation der Solaranlage sollte fachgerecht erfolgen, sonst droht unter Umständen Brandgefahr

Schließlich gibt es auch bei der Installation einiges zu beachten: diese sollte „fachgerecht“ erfolgen. Das bedeutet: die Module müssen stoß- und vibrationsfest montiert sein, am besten auf festen Strukturen (z. B. einem Geräteträger, Davits oder einem Bimini-Gestell). Klebe- oder Aufbaulösungen bei flexiblen Modulen sollten nur mit geeignetem Material (z. B. Sikaflex 292i, UV-beständig) durchgeführt werden.

 

Nachträglicher Einbau von Solaranlagen auf Booten und Yachten - Komponenten
© chocolatefather | Adobe Stock

 

In Bezug auf die korrekte Verlegung der Kabel sollte darauf geachtet werden, dass diese niemals lose laufen; die Kabel müssen vielmehr mit Schellen, Kabelkanälen oder UV-beständigen Kabelbindern fest fixiert werden. Zudem sollten die Leitungen gegen Durchscheuern geschützt werden (z.B. durch Kabeldurchführungen, Gummitüllen etc.).

Weiterhin sollte auf die korrekten Kabel-Querschnitte geachtet werden, diese sind abhängig von Stromstärke und Leitungslänge – Stichwort: Spannungsverlust). Verwendung von Sicherungen sollte beachtet werden, diese nahe der Batterie zu platzieren (Sicherung nach ISO 10133 bzw. ISO 13297 – je nach Bordspannungs-System).

Was die elektrische Verbindung angeht, so sollten die Anschlüsse nur über marinetaugliche Sicherungspanels erfolgen. Offene Lüsterklemmen sollten tabu sein – verwendet werden sollten nur verschraubte, gekapselte Klemmverbindungen. Bei der Installation in Metall-Yachten sollte zudem darauf geachtet werden, dass ggf. eine Verbindung zum Blitzschutz oder Erdungssystem erforderlich sein kann.

Wichtig: bei unsachgemäßer Verkabelung droht Brandgefahr. Lithium-Batterien sollten ausschließlich mit BMS (Battery Management System) und Temperatursensoren verwendet werden. Und: fehlende Absicherungen oder falsch dimensionierte Kabel sind ebenfalls häufige Brandursachen!

Zwar gibt es keinen generellen TÜV für Boote, trotzdem können unsachgemäß installierte Anlagen im Schadensfall versicherungsrelevant sein

Was ist rechtlich zulässig – und was könnte beanstandet werden? Zwar gibt es z.B. in Deutschland und in Österreich keine generelle TÜV-Pflicht wie beim Auto, bestimmte Anforderungen gelten aber trotzdem – z. B. wenn das Boot unter deutschem Seeschiffsregister steht oder bei gewerblicher Nutzung (z. B. Charter). Bei Sportbooten unterliegen Umbauten den CE-Richtlinien (Richtlinie 2013/53/EU) und ggf. der Bau- und Ausrüstungsvorschrift.

Warum sollte man hier im Zweifel stets auf Nummer sicher gehen? Da ist zum einen der Sicherheitsaspekt: Fehlfunktionen oder Schmorbrände sind keine Seltenheit bei schlecht installierten Solaranlagen. Nicht zu vernachlässigen ist auch der Versicherungsschutz: bei Brandschäden oder Kurzschluss prüft die Versicherung genau, ob an Bord alles vorschriftsmäßig installiert wurde.

Schließlich dürfte ein professionell installiertes System den Wiederverkaufswert des Boots erhöhen. Ebenfalls zu bedenken: bei internationalen Törns kann es zu Problemen bei Behördenkontrollen kommen, wenn unsachgemäß montiert wurde.

Tipps zur fachgerechten Installation gibt auch ein neues Merkblatt des TÜV Deutschland

Tipps für Bastler, die „do it yourself“ eine Photovoltaik-Anlage an Bord nachrüsten wollen: Antworten liefert auch das neue Merkblatt 769 „Photovoltaikanlagen in/an Fahrzeugen“, das der TÜV-Verband Deutschland jüngst veröffentlicht hat, und das ausdrücklich auch als Hilfe für den fachgerechten Einbau geeignet sein soll.

Das Merkblatt richtet sich zwar in erster Linie an Sachverständige, die mit Einzelbegutachtungen, Änderungsabnahmen oder der Fahrzeugprüfung im Rahmen der Hauptuntersuchung für Wohnmobile betraut sind. Darüber hinaus enthält es jedoch auch fundierte Hinweise, die auch Selbstausbauenden helfen können, PV-Systeme fachgerecht und sicher auf Booten und Yachten zu installieren.

Die wesentlichen Inhalte des Merkblatts sind unter anderem: Anforderungen an die elektrische Sicherheit, zum Beispiel Leitungsdimensionierung, Sicherungen, Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV), Vorgaben zur mechanischen Befestigung von Modulen, Energiespeichern und Reglern, Hinweise zu Masseverteilung, Brandschutz, Reflexionsverhalten und Dachlast, Technische Regeln zu Kabelschutz, Verbindungstechnik und Isolationsüberwachung sowie Verweise auf relevante Normen wie DIN VDE 0100-721, DIN EN 50618 und UN-Regelungen. Ergänzt wird das Merkblatt durch Hinweise zu Cybersicherheit, Software-Aktualisierung und Prüfgrundlagen bei Lithiumbatterien oder Hochvoltsystemen.

Das neue TÜV-Verband Merkblatt 769 „Photovoltaikanlagen in/an Fahrzeugen“ ist ab sofort als digitale Version im Onlineshop des TÜV-Verbands erhältlich und kostet 24,90 Euro: shop.tuev-verband.de/merkblaetter.

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