Wenn von „guter Seemannschaft“ gesprochen wird, sind im Wassersport alle seemännischen Regeln, Verhaltensweisen und Pflichten zu verstehen, die nicht nur in der Berufsschifffahrt zu beachten sind, sondern auch für jeden Freizeitskipper – als dem verantwortlichen Schiffsführer – gelten. Wichtigste Punkte sind dabei die Schiffsführung, die Navigation sowie die Sicherheit an Bord.
Neben den praktischen Kenntnissen und Fähigkeiten, ein Boot oder eine Yacht sicher führen zu können, gehören eine ganze Reihe von wichtigen Voraussetzungen dazu, die für den Skipper und letztendlich auch für seine Crew wichtig sind, um einen sicheren und möglichst problemlosen Törn genießen zu können. Dabei ist der Bogen weit gespannt und reicht von den „klassischen“ seemännischen Aufgaben bis zur – leider oft fehlenden – Etikette im Hafen.
Gute Seemannschaft beginnt weit vor dem Ablegen
Die wichtigsten Punkte zur Seemannschaft werden traditionell gerne auch als die „goldenen Regeln guter Seemannschaft“ bezeichnet und beginnen erfahrungsgemäß mit der Einweisung der Crew in das Schiff. Nun, in der Praxis sollte gute Seemannschaft bereits wesentlich früher ansetzen, denn für den verantwortungsbewussten Skipper beginnt Seemannschaft im Idealfall mit einer gemeinschaftlichen Törnplanung. Bei diesen Vorbereitungen empfiehlt es sich auch für vermeintlich eingespielte Crews, einen standardisierten Crewvertrag aufzusetzen und gegebenenfalls entsprechende Wassersportversicherungen abzuschließen bzw. auf Crew, Boot & Revier anzupassen. Damit sind auf der einen Seite Unfälle und auch Schäden im Idealfall weitgehend abgedeckt, und zum anderen lassen sich damit auch unter guten Freunden Missverständnisse von vornherein vermeiden.
Sofern die Crew nicht eingespielt ist oder noch nicht gemeinsam auf „großer Fahrt“ war, empfiehlt es sich bei einem oder zwei Vorbereitungsabenden über den geplanten Törn und die individuellen Vorstellungen aller Beteiligter zu sprechen. Bei einem solchen Austausch lassen sich auch seglerische / nautische Erfahrungen und Vorlieben besser einschätzen. Das Wissen um die Stärken und Schwächen der Crew, aber auch über eine gegebenenfalls vorhandene Einschränkung des Skippers, der eben auch nur ein Mensch ist, kann nicht nur für das harmonische Zusammenspiel auf dem Meer von großer Bedeutung sein.
Der Skipper als verantwortlicher Bootsführer
Die zentrale Aufgabe des verantwortlichen Skippers ist das sichere Führen des Bootes/der Yacht. Er ist die oberste Instanz auf dem Schiff, er trägt die Verantwortung und muss vor dem Törn sicherstellen, dass die Mannschaft die wesentlichen Aspekte guter Seemannschaft kennt und auch annimmt. Dabei muss sich die Crew auf die seemännischen Fähigkeiten des Skippers verlassen können. Spätestens bei der seriösen Einweisung, bei der sich auch Mannschaft und Boot vertraut werden, müssen letzte Wissenslücken und Verständnisfragen geklärt werden.
Und ganz wichtig dabei: Es gibt keine dummen Fragen; lieber als seemännische Landratte ausgemacht, als in einer stressigen Situation Steuerbord mit Backbord verwechselt.
Die seemännische Sorgfaltspflicht, das vorausschauende Verhalten auf See und das Zusammenspiel von Crew und Skipper gehören zu den wichtigen Grundlagen von Schiffs- und Crewführung. Für seine Kommandos und Handlungsweisen kann der Bootsführer auch im Nachhinein verantwortlich gemacht werden. Die maritimen Gesetze, allen voran die internationalen Vorfahrtsregeln – inklusive der Kollisionsverhütungsregeln (KVR) – gelten für alle Wassersporttreibenden und legen fest, wie Boote/Schiffe unter bestimmten Bedingungen manövrieren müssen, um Zusammenstöße zu vermeiden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, das die „Regeln guter Seemannschaft“ ein offizieller juristischer Begriff sind und auch vor Gericht beispielsweise als Grundlage bei Streitigkeiten und der Einordnung von richtigem oder falschem Verhalten bei aufgetretenen Gefahren und Unfällen herangezogen werden können.
Daher sind die Kenntnis des eigenen Bootes oder der routinierte Umgang mit dem gecharterten Schiff durch ausreichende praktische Erfahrung mit typ-ähnlichen Booten vergleichbarer Größe wichtig.
Die Schiffsführung
Zum routinierten Umgang mit dem Boot gehören auch der regelmäßige technische Check nicht nur vor Fahrtbeginn und selbstverständlich das sichere Manövrieren / Navigieren unter allen Bedingungen. In bestimmten Revieren wird ein Co-Skipper gefordert. Die Bestimmung eines Co-Skippers bietet sich aber generell an. Üblicherweise wird dazu das Crew-Mitglied mit ausreichend Erfahrung bestimmt, welches den Skipper in vielen Dingen entlasten kann und Aufgaben übernimmt bis hin zur Bestimmung des schnellsten / kürzesten Weges in den nächsten Hafen, falls der Skipper wegen Unfall oder Krankheit nicht zur Führung im Stande ist.
Die Einweisung der Crew
Die Schiffscrew muss in die Art des Bootes sowie die technischen und nautischen Einrichtungen eingewiesen werden. Die oft knappen, aber exakten Anweisungen auf See müssen nicht nur in brenzligen Situationen verstanden und entsprechend umgesetzt werden können. Das Mann-über Bord-Manöver, in der Praxis gerne als Boje-über-Bord-Manöver geübt, kann Menschenleben retten und ist zu Beginn eines Törns auch immer eine gute erste Übung zur Verbesserung der Schiffsführung und Koordination und nicht zuletzt zur praktischen Verständigung der gesamten Crew.
Fazit: Wer sich gut vorbereitet auf das Meer begibt, und sich dabei auf durchgesprochene Arbeitsabläufe im Sinne guter Seemannschaft verlassen kann, wird seiner Verantwortung für sich und seiner Mannschaft gerecht. Und wenn dann noch der sprichwörtliche gesunde Menschenverstand dazu kommt, sollte einer faszinierenden Kombi aus Wassersport und Urlaub nicht mehr viel im Wege stehen.