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Wohin steuert die Branche? Quo vadis – Wassersportmessen?

Wassersportmessen-Trend 2026: Wohin steuert die Branche?
KI-generiertes Bild

Die Zukunft der nationalen und internationalen Bootsschauen und Wassersportmessen unter Hallendächern befindet sich im Umbruch – zwischen Tradition und digitaler Transformation. Veranstaltungen wie die boot Düsseldorf stehen exemplarisch für diese Entwicklung. Europas größter nautischer Pannendienst SeaHelp hat seine Teilnahme an der boot im Januar 2026 nach vielen Jahren ununterbrochener Teilnahme abgesagt. Über die Gründe dafür sprachen wir mit Wolfgang Dauser, SeaHelp-Geschäftsführer.

Große, klassische Bootsschauen unter Hallendächern haben es zunehmend schwer. Die Gründe dürften vor allem in den immens hohen Aussteller-Kosten für Standmiete, Logistik, Hotel, Personal etc. liegen, aber auch im zeitlichen Aufwand, der für Aufbau und Präsentation aufzuwenden ist; die Messbarkeit des unmittelbaren Erfolgs ist zudem oft gering. Dazu kommt die fehlende Kaufkraft bzw. -bereitschaft vor Ort – viele Besucher sind Schaupublikum, keine Käufer.

Einer der Hauptgründe für das Sinken der Ausstellerzahlen liegt jedoch im Wandel des Käuferverhaltens. Zum einen wird das Informationsverhalten immer mehr digitalisiert. Junge Zielgruppen recherchieren fast ausschließlich online. YouTube, Instagram, Blogs, Foren und spezielle nautische Plattformen ersetzen immer mehr den klassischen Hochglanz-Messestand, Online-Touren, 360°-Videos, Live-Beratungen und Virtual Reality gewinnen zunehmend an Relevanz.

In-Water-Boatshows bieten realistischere Eindrücke und ein höheres Involvement

Ein weiterer Trend betrifft die In-Water Shows, die entgegen diesem Trend weiter an Bedeutung gewinnen; sie bieten einfach realistischere Eindrücke und ein höheres Involvement. Während Hallenmessen eine eher künstliche Atmosphäre besitzen, sind In-Water-Bootshows wie die in Cannes authentischer, sie bieten ein echtes Bootsfeeling, oft sind Probefahrten möglich. Hallenschauen werden von einem breiten Publikum besucht, In-Water-Bootsschauen werden eher von Fachpublikum und ernsthaften Käufern besucht.

 

Bootsmesse: In Water Show - Biograd Boat Show
© Biograd Boat Show

 

Auch bei den Kosten gibt es Unterschiede: die finanziellen Aufwendungen für Aussteller bei Hallenmessen sind zumeist sehr hoch (Logistik), Wassermessen sind zumeist logistisch günstiger (vor Ort). Hallenmessen mögen für Besucher zwar beeindruckend sein, wirken aber eher abstrakt, Wassermessen wirken auf die Gäste direkt und vielleicht auch ein bisschen emotionaler. Vor diesem Hintergrund sprachen wir mit Wolfang Dauser, Geschäftsführer von SeaHelp, Europas größtem nautischen Pannendienst, über seine Sicht auf die derzeitige Lage der großen Hallen-Bootsmessen – und wie eine Bootsschau aussehen sollte, die es auch in zehn Jahren noch gibt.

Herr Dauser, wie beurteilen Sie die Zukunft der klassischen Wassersportmessen?

Wolfgang Dauser: Für die klassischen (Hallen-) Messen in der jetzigen Form sehe ich keine Zukunft. Ein Beispiel: letztens wollte ich mir für meine Motoryacht auf einer großen internationalen Bootsmesse in Deutschland eine neue Ankerkette kaufen. Der Angestellte am (schlecht besuchten) Nachbarstand bat mich, ihm eine schriftliche Anfrage per Mail zu senden. Niemand auf dem Messestand konnte mir einen Preis nennen bzw. gab mir eine Information über die Verfügbarkeit. Meine Einschätzung ist, dass es fachliche Beratung auf einer klassischen Messe nur noch eingeschränkt gibt, da gutes Standpersonal, das sich auskennt, teuer und daher selten ist. Immer mehr Besucher suchen ein Produkt einfach im Web, lassen sich über Youtube-Videos beraten und können so ganz nebenbei auch noch mehrere Meinungen einholen.

Wie stellt sich die Situation in Bezug auf Stände von Bootswerften und -händlern auf Messen dar?

Wolfgang Dauser: Einzig wegen der ausgestellten Boote und Yachten macht es noch Sinn, eine klassische Bootsschau unter Hallendächern zu besuchen. Nur so kann man schließlich an einem Tag gleich mehrere Hersteller eines bestimmten Modells anschauen und direkt miteinander vergleichen. Das kann aber nur funktionieren, wenn tatsächlich auch alle wichtigen Player auf der Messe mit ihren Booten vertreten sind. Ist das nicht der Fall wie heuer auf der boot 2025, macht ein Besuch für Interessenten, denen es auf einen direkten Vergleich ankommt, keinen Sinn mehr, sie bleiben zukünftig weg. Ohne Boote und Yachten keine Wassersportmessen.

Wie verhält es sich in puncto Kosten / Nutzen für die Aussteller?

Wolfgang Dauser: Nach meiner Einschätzung machen die Kosten für die eigentliche Messe bei den Ausstellern etwa 1/4 der Gesamtmittel aus, ein weiteres Viertel müssen für Messebau und Transport aufgewendet werden, ein weiteres Viertel für Personalkosten, und das letzte Viertel geht für Unterkunft und Verpflegung drauf. Wenn ein Quadratmeter wie in Düsseldorf mehr als 220 Euro / netto kostet, dann überlegt man sich schon, ob man stattdessen vielleicht doch lieber auf eine lokale Messe wie Tulln geht, wo man für einen Quadratmeter nur 65 Euro bezahlt. Messen, die sich am oberen Ende der Standpreise orientieren, werden auf kurz oder lang von der Bildfläche verschwinden, das kann sich einfach keine lokale Firma mehr leisten.

SeaHelp hatte bis bis 2019 ca. 90 Quadratmeter Standfläche in Düsseldorf, danach reduzierten wir diese auf 30 Quadratmeter Fläche. Die Standkosten verringerten sich dadurch schlagartig von etwa 90.000 auf 35.000 Euro, was immernoch ein stolzer Preis war. Meiner Meinung nach sollte den Boots- und Yacht-Ausstellern bei den Messekosten mehr entgegengekommen werden, damit ihnen die Kosten einer Teilnahme an einer Bootsschau nicht über den Kopf wachsen.

Lohnt sich der Aufwand einer Teilnahme an einer klassischen Messe überhaupt noch?

Wolfgang Dauser: Wenn man keine Neukunden generiert, lohnt sich der Aufwand bzw. die Kosten aus meiner Sicht nicht. Bestandskunden wissen sowieso, wo man die entsprechenden Firmen findet, und welche Artikel bzw. Leistung angeboten werden.

In unserem Fall geht es ja eher um die Pflege der Bestandskunden. Man trifft sich am Stand, tauscht sich mit den Mitgliedern über Neuigkeiten aus. Das machte für uns so lange Sinn, wie die Besucherzahlen gleichbleibend hoch waren. Das war aber leider nicht der Fall. 2023 konnten wir nur mehr 60 Prozent der Besucherzahlen bei uns am Stand verzeichnen, gemessen an den Zahlen von 2019, 2024 waren es nur noch 40 Prozent, und 2025 kamen nur noch 20 Prozent der Besucher. Die Kosten standen zu dem Nutzen in keinem vernünftigen Verhältnis mehr. Diese unsere Wahrnehmung deckt sich übrigens mit vielen unserer Nachbarstände.

Wie lautet Ihre Empfehlung bzw. Ihr Wunsch für eine erfolgreiche Messe der Zukunft?

Wolfgang Dauser: Die Messeveranstalter sollten eine Bootsmesse nicht vorrangig als Business ansehen, bei dem möglichst viel Geld von den Ausstellern eingenommen und dann noch zusätzlich möglichst hohe Einnahmen über die Eintrittskarten der Besucher generiert werden soll(en). Ich denke, wenn die klassischen Bootsmessen so weitermachen wie bisher, wird es sie in spätestens zehn Jahren nicht mehr geben. Wünschenswert wäre zum Beispiel auch, dass auf Bootsmessen vermehrt bootsspezifische Vorträge und Podiumsdiskussionen angeboten werden. Auch sollte dafür gesorgt werden, dass (im Segelbereich) neben den Verbänden auch möglichst alle Klassenvereinigungen vertreten sind, indem man hier – wenn überhaupt – nur symbolische Standgebühren erhebt.

Keine gute Lösung ist es in meinen Augen, auf Yachtmessen verstärkt auch Autos, Camping und Angeln zu zeigen. Das verwässert nur den Sinkflug der klassischen Bootsmessen. Alternativen zu den herkömmlichen Bootsschauen – und neue Formate – könnten zum Beispiel lokale Inhouse-Shows von Werften sein, die sind persönlich, kostengünstig und effizient. Hier sind direkte Beratung mit Probefahrten möglich. Auch digitale Bootsmessen können eine gute Alternative sein. Da gibt es schon ein paar gute Beispiele. Hier gibt es geringe Einstiegshürden, sie sind 24/7 verfügbar und treffen ein globales Publikum.

Haben digitale Bootsmessen auch Nachteile?

Wolfgang Dauser: Ja, es gibt hier kein reales Erlebnis, digitale Bootsschauen sind auch weniger emotional. Deshalb könnten hybride Events ein geeignetes Messeformat für die Zukunft sein, eine Kombination von Vor-Ort-Messe und digitalen Angeboten, Live-Streams von Produktpräsentationen und interaktive Q&A-Sessions mit Designern oder Skippern. Natürlich gibt es auch weiterhin gute Gründe, eine Wassersport-Messe zu besuchen. Man kann Produkte anfassen, testen, und im besten Falle mit anderen vergleichen. Im Idealfall ergeben sich Fach-Gespräche mit Experten. Oft gibt es auf Messen auch spezielle Angebote und Rabatte, und man kann sich durch Neuheiten inspirieren lassen.

Ihr Fazit?

Wolfgang Dauser: Die klassischen Bootsmessen werden nur dann nicht verschwinden, wenn sich ihr Charakter ändert – sie müssen den Spagat schaffen, auf der einen Seite preiswertere Angebote zu machen, andererseits müssen sie einfach exklusiver, spezialisierter – und auch interaktiver werden. Bei einigen Messen sind da schon gute Ansätze erkennbar. Vielleicht wird SeaHelp dann auch wieder mit einem eigenen Stand in Düsseldorf vertreten sein. Bis dahin finden uns unsere Mitglieder und alle interessierten Wassersportler in 2026 erst einmal nur auf der Austrian Boatshow – Boot Tulln (26. Februar bis 1. März) und auf der Palma International Boat Show (29. April bis 4. Mai).

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