Mit dem eigenen Boot Geld verdienen? Zu den generellen Überlegungen „Kaufe ich oder chartere ich ein Boot?“ werden am Bootsmarkt auch sogenannte Kauf-Charter-Systeme angeboten. Die auch Charterkauf oder Yachtinvestment genannten (Finanzierungs-)Modelle eint der Grundgedanke, ein Boot zu besitzen, die Kosten durch Vercharterung möglichst abzudecken und im Idealfall damit sogar Geld zu verdienen. Diese Sonderformen, welche in durchaus unterschiedlichen Ansätzen und Konzepten zu finden sind, können eine echte Alternative zum klassischen Bootskauf – oder dem jahrelangen Yachtcharter – sein. Neben der emotionalen Entscheidung pro Boot sind aber auch hier vorab wichtige Punkte und Voraussetzungen abzuklären:
Seriosität und Vertrauen
Ein Boot in einen Charterbetrieb zu geben ist immer auch eine Vertrauensfrage, denn neben den seriös zu planenden Investitionen und Erträgen geht es auch um Werterhaltung/Wertverlust beim zu tätigenden Investment und nicht zuletzt um steuerliche Aspekte, die nur mit dem Steuerberater geklärt werden können.
Diverse Charterunternehmen sowie spezielle Yachtinvest-Firmen bieten im Detail unterschiedliche Kauf-Charter-Modelle an, die sich in Finanzierung, Tilgung, Kostendeckung bis hin zur verlockenden Erwirtschaftung eines Gewinns unterscheiden können. Üblicherweise ist auch die Selbstnutzung der schwimmenden Investition geregelt, indem entsprechende Wochen pro Jahr für den Eigner reserviert sind, die aber – Achtung! – ebenso bezahlt beziehungsweise versteuert werden müssen.
Verwaltung, Vermietung und Wartung obliegt dem Charterpartner. Im Idealfall kann dieser auf eine langjährig erfolgreiche Geschäftstätigkeit im Kaufcharter-Business verweisen und hat auch die technischen und gesetzlichen Voraussetzungen für das Boot/die Yacht im gelobten Charterland im Griff, denn trotz EU sind in der Praxis nicht alle technischen und steuerlichen Voraussetzungen für die gewerbsmäßige Vercharterung eines Bootes einheitlich geregelt.
Gerade wegen der finanziellen Aspekte – und um gegebenenfalls die steuerlichen Vorteile eines solchen Geschäftsmodelles nützen zu können – gehören neben dem Know How eines seriösen Charterpartners immer auch der eigene Steuerberater sprichwörtlich mit ins Boot geholt. Dessen Unterstützung endet allerdings oft an der Landesgrenze, da Chartereinnahmen im Land, in dem die Vercharterung stattfindet, versteuert werden müssen. Hier ist Hilfe vor Ort gefragt, denn die Vorgaben des Charterlandes können bis zur Gründung einer eigenen Firma oder zumindest einer Niederlassung führen; da ist es dann allein mit der Beantragung einer ausländischen Steuernummer nicht getan und die eine oder andere Klippe gilt es zu umschiffen.
Verändertes Marktverhalten
Damit der langgehegte Traum vom eigenen Boot auch in einer solchen Charterboot-Konstellation nicht zum Fass ohne Boden wird, müssen die Emotionen bald einem kühlen Kopf weichen. Auch SeaHelp-Gründer Wolfgang Dauser beobachtet seit vielen Jahren den Chartermarkt. Er zeigt mittels umfangreicher Praxisbeispiele Tatsachen auf und verweist auf die durchaus vorhandenen Problematiken beim Charterkauf, denn die Markt- und Preisentwicklungen haben sich seit der Jahrtausendwende – also seit fast 25 Jahren – enorm verändert:
Bei Charteryachten galt ca. 1/50 des Yacht-Neupreises als Richtwert für den Charter-Wochenpreis in der Hauptsaison. So betrug damals der Kaufpreis für eine Motoryacht Azimut 46 rund € 500.000 exkl. MwSt., bei einem Charterwochenpreis von € 10.000 in der Hauptsaison. Im Vergleich dazu betrug der Anschaffungspreis einer Segelyacht Bavaria 42 in Vollausstattung € 120.000 exkl. MwSt., bei einem erzielbaren Charterpreis von € 2.400 in der Hochsaison.
Vor 25 Jahren kostete der Jahresliegeplatz in Kroatien € 5.800 (Azimut 46) bei Gesamtkosten von rund € 35.000, da Charteryachten in den Marinas und bei der Versicherung Aufschläge zu bezahlen haben; auch die üblichen Servicekosten waren/sind ebenfalls höher im Vergleich zu einer privat genutzten Yacht. Bereits mit fünf Charterwochen (abzgl. Agenturprovision, Stützpunktabgabe, etc.) konnten die laufenden Kosten gedeckt werden. Weitere Charterwochen lieferten dann auch wertvolle „Deckungsbeiträge“ für die Finanzierung und die kalkulatorische Wertminderung. In der Saison 2001 erreichte man mit einer neuwertigen Motoryacht eine Auslastung von durchschnittlich 14 und mit einer Segelyacht 24 bezahlte Charterwochen.
Für dieselbe Yacht „Model 2024“ sind nun € 1,1 Mio. zu berappen, die laufenden Kosten betragen ca. € 70.000, wobei der Charterpreis kaum gestiegen ist und bei unter € 15.000 Wochenpreis liegt. Somit hat sich der oben genannte Schlüssel auf ca. 1/75 bei Motor- und Segelyachten – also um ein Drittel – im 25-Jahre-Vergleich verschlechtert. Ähnlich verhält es sich bei kleineren Booten: Bei unseren Recherchen ist auch eine Liegeplatz-Jahresrechnung für eine Bayliner 2855 Ciera (Länge 9,3m) aufgetaucht. Im Jahr 2001 wurden hierfür in Kroatien € 480 berechnet, heute kostet der Jahresliegeplatz dort oft das 10fache!
Also kein Charterkauf?
Bei einer Segelyacht verhält es sich ähnlich und allein von der Kosten-Nutzen-Seite betrachtet funktionieren solche Charterkauf-Modelle nicht mehr. Dazu sind die Charterpreise eher zu niedrig und die „Rendite“ der Charterkaufyacht beläuft sich eigentlich nur mehr auf die Eigennutzung des Besitzers.
Erst beim Verkaufserlös der ausgemusterten Charteryacht steht fest, ob das Ganze ein „Geschäft“ für den Eigner war oder ob das Projekt mit einem Minuszeichen verabschiedet. Wird eine Yacht mit einem Neupreis von ca. € 500.000 gechartert, zahlt man dafür aktuell pro Woche ca. € 6.700. Die laufenden Kosten für diese Yacht betragen bei Privatnutzung ca. € 25.000, somit könnte man rechnerisch ca. vier Wochen chartern bevor sich eine Eigner-Yacht rechnet, wenn der zeitliche Aufwand vor und nach einer jeden Saison für das Ein- und Auswintern und den Wertverlust nicht mitgerechnet wird.
Des Weiteren muss man sich immer klar darüber sein, dass eine solche Yacht auch als Gebrauchtboot für € 300.000 erworben werden kann; dann verringert sich der Wertverlust wesentlich und je nach aktuellem Gebrauchtbootmarkt – und nicht zuletzt entsprechend der Beliebtheit des Yachtmodells – tritt eventuell auch kein Wertverlust beim Verkauf ein.
Beim erzielbaren Preis bei Verkauf des Bootes/der Yacht ist neben der Marktlage natürlich auch der Pflegezustandstand sowie die Tatsache, dass bei Charteryachten bis zu 30 % Preisabschläge gemacht werden müssen, zu berücksichtigen. Erfahrungsgemäß rechnet sich eine eigene Yacht, wenn zumindest eine Nutzung von 5 Wochen im Jahr erreicht wird. Eines muss aber immer klar sein: Die eigene Yacht sorgt in vielen Fällen dafür, dass der Urlaub regelmäßig auf dem Boot und im immer gleichem Revier stattfindet und damit andere Urlaubsarten weitgehend ausfallen könnten.
SeaHelp rät: Wer einen Charterkauf erwägt, der frage (sich und Andere) und prüfe (alles)! Wie lange ist das ins Auge gefasste Unternehmen am Markt, können Reparaturen mit eigenen Handwerkern/Mechanikern ausgeführt werden? Welchen Ruf genießt das Charterunternehmen?
Hat der Charterpartner mehrere Stützpunkte, um gegebenenfalls über die Jahre hinweg nicht immer im gleichen Revier bleiben zu müssen? Das Chartergeschäft ist heute mehr denn je ein hart umkämpfter Markt und ein Charterboot keine Gelddruckmaschine! Bootfahren und Yachtbesitz sind und bleiben Hobbys und sind auch für uns Bootsenthusiasten nicht lebensnotwendig.
SeaHelp-Ratgeber-Thema „Alles rund um das Boot“:
Boot Chartern oder Kaufen
Eignergemeinschaft oder Haltergemeinschaft?