Seen und große Wasserflächen stellen nicht nur für Sportskipper und gewerbliche Schiffer die natürliche Grundlage dar, um ihren Hobbies oder ihren Tätigkeiten nachzugehen. Doch immer mehr Gewässer trocknen weltweit, aber auch direkt vor unserer Haustür, in Europa, aus. Was sind die Gründe dafür? Und: Was können wir für unsere Umwelt dagegen tun?
In vielen SciFi-Blockbustern wird unsere Welt in der Zukunft aufgrund des Klimawandels als gigantischer Wüstenplanet dargestellt, heisst es in einem Beitrag auf wetter.de zum Thema Desertifikation. Ein Blick auf die fortschreitende Wüstenausbreitung verrate: ganz so abwegig scheine die Film-Zukunft nicht zu sein.
Rund ein Drittel der Landflächen weltweit seien jetzt schon Trockengebiete. Wenn in genau diesen Bereichen die natürlichen Ressourcen durch Menschen überbeansprucht würden, würden sich genau diese Trockengebiete Stück für Stück ausbreiten und würden Gefahr laufen, zu Wüsten zu werden. Das nenne man dann Desertifikation.
Das Problem: „Der Klimawandel erwärmt weltweit viele Seen schneller als die Meere und die Luft. Zusammen mit menschlicher Misswirtschaft führt die beschleunigte Verdunstung zu verstärkter Wasserknappheit und dem Verlust von Lebensräumen für Vögel und Fische“, schreibt schon 2018 National Geographic in einem Beitrag über die Wüstenbildung.
Satellitenbilder zeigen die Ausmaße der weltweiten Wüstenbildung
Auf fast allen Kontinenten würden Seen unter der Kombination aus Übernutzung und extremer werdenden Dürren leiden. Satellitenbilder zeigten die schockierenden Ausmaße. Der afrikanische Tschadsee etwa schrumpfe seit den Sechzigerjahren, von ihm ist nur noch ein schmaler Streifen übrig.
Im ostchinesischen TaiHu Lake beförderten ausgeschwemmte Düngemittel und eingeleitetes Abwasser die CyanobakterienBlüte, das warme Wasser steigere deren Wachstum noch. Die Bakterien würden die Trinkwasserversorgung von zwei Millionen Menschen bedrohen.
Der Tanganjikasee in Ostafrika sei so aufgeheizt, dass die Fischerträge gefährdet seien, die Millionen Menschen in den vier Anrainerstaaten ernähren. In Venezuela sei der Pegel hinter dem Guri-Stausee mit seinem wichtigen Wasserkraftwerk in den vergangenen Jahren extrem gesunken. Um Strom zu sparen, habe der Staat sogar Schulunterricht ausfallen lassen müssen.
Nach dem Kaspischen Meer sei der Urmiasee im Iran einst der größte Salzwassersee im Nahen Osten gewesen. Aber in den vergangenen 30 Jahren sei er um etwa 80 Prozent geschrumpft. Die Flamingos, die hier früher Salzwasserkrebse in Hülle und Fülle fanden, sind fast alle verschwunden.
Ein eindrückliches Beispiel ist das fast vollständige Verschwinden des Aralsees
Ein „krasses Beispiel“ sei das Verschwinden des Aralsees in Zentralasien, heisst es in dem Beitrag von National Geographic weiter. Das Todesurteil für den See seien vor allem ehrgeizige sowjetische Bewässerungsprojekte, die seine Zuflüsse umgeleitet hätten.
Zwar hatte sich der Nordteil des Aralsees seit dem Bau des Kokaral-Staudammes auf kasachischer Seite seit 2005 wieder erholt, sodass Fischfang wieder möglich war, wie eine Vorort-Recherche des Autors im August 2024 ergab.
Doch dann schlug der Klimawandel erbarmungslos zu: seit etwa fünf Jahren führt der wichtigste Zufluss, der Syr-Darija nicht mehr genug Wasser, um den nördlichen Aralsee weiterhin aufzufüllen. Der See schrumpft wieder, versalzt, und es gibt immer weniger Fischarten im See.
Aralsee Timelaps: 1984 – 2023 (Aktueller Aralsee Timelaps auf Google Earth)© Google Earth | YouTube
Auch vor unserer Haustür macht die Desertifikation nicht halt, wie das Beispiel Spanien eindrücklich belegt
Doch auch vor unserer Haustür macht die Desertifikation nicht halt. „Die Wüste dehnt sich auch in einem der liebsten Urlaubsländer der Deutschen aus: Ein Großteil Spaniens ist trocken“, warnt wetter.de.
Viele Waldflächen seien dem Bauboom in Urlaubsregionen zum Opfer gefallen. Auch der Gemüseanbau koste viel rares Wasser. Während früher vor allem ressourcenschonender Trockenfeldbau betrieben wurde, würden Konzerne nun Salat, Paprika und Zitrusfrüchte im großen Stil anbauen.
„Die Wasservorräte schrumpfen dramatisch“, heißt es in dem Beitrag weiter. Die Provinzen Murcia, Alicante und Almeria im Südosten Spaniens seien am stärksten von der Wüstenausbreitung betroffen; 80 Prozent des spanischen Wasserverbrauchs fließe regelrecht in die Bewässerung der Landwirtschaft.
In der EU gibt es keine gemeinsame Vision darüber, wie die Wüstenbildung bis 2030 wirksam bekämpft werden kann
Wüstenbildung in der EU sei generell eine „zunehmende Bedrohung, die auf Klimawandel und menschliche Aktivität zurückgeht“, schreibt der Europäische Rechnungshof schon 2018 in einem Sonderbericht. Europa sei zunehmend von Wüstenbildung betroffen, heisst es darin eindringlich.
Das Risiko der Wüstenbildung sei „im Süden Portugals, in Teilen Spaniens und Süditaliens, im Südosten Griechenlands, in Malta, in Zypern und in den Grenzgebieten zum Schwarzen Meer in Bulgarien und Rumänien“ am größten. Studien hätten ergeben, dass diese Gebiete häufig von Bodenerosion, Versalzung, Verlust von organischem Kohlenstoff im Boden, Verlust der biologischen Vielfalt und Erdrutschen betroffen seien. Das Problem sei „dringlich“.
Der Hof stellte in dem Bericht fest, dass „der Gefahr der Wüstenbildung in der EU nicht wirksam und wirtschaftlich entgegengewirkt“ worden sei. Wüstenbildung und Landverödung würden zwar eine zunehmende Bedrohung darstellen, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Wüstenbildung seien jedoch „nicht kohärent“. In der EU gebe es keine gemeinsame Vision darüber, wie die Bodendegradationsneutralität bis 2030 erreicht werden könne.
Dem Bericht zufolge hätten sich die EU und die Mitgliedstaaten im Jahr 2015 verpflichtet, in der EU bis zum Jahr 2030 eine sogenannte „Bodendegradations-Neutralität“ zu erreichen. Bislang seien jedoch weder eine vollständige Bewertung der Landverödung auf EU-Ebene vorgenommen noch eine Methodik für eine solche Bewertung vereinbart worden.
Es bestehe „keine Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten“, und die Kommission habe „keine praktischen Leitlinien zu diesem Thema“ vorgelegt. Es gebe in der EU bislang noch „keine klare, gemeinsame Vision darüber, wie die Bodendegradations-Neutralität bis 2030 erreicht werden“ könne, kritisiert der Hof.
Die Auswirkungen der Desertifikation werden auch als „man made deserts“ bezeichnet
„Wüst machen“ oder „verwüsten“– so wird der Ursprung des Wortes „Desertifikation“ übersetzt, klärt utopia.de in einem Ratgeber auf. Der Begriff beschreibe eine spezielle Form der Landveränderung in Trockengebieten durch klimatische und menschliche Einflüsse. Die Resultate würden deshalb auch als „man made deserts“ bezeichnet.
Desertifikation sei ein Prozess, bei dem der Mensch durch eine zu intensive Nutzung den Boden, das Wasser und die Vegetation in trockenen Gegenden zerstört. Im Gegensatz zu natürlichen Dürreperioden lägen bei der Desertifikation die Ursachen im menschlichen Handeln in Kombination mit klimatischen Bedingungen.
Was kann man dagegen tun? Die effektivste Gegenmaßnahme sei das Umschwenken auf eine nachhaltigere Bodennutzung und schonenderen Ressourcenumgang, rät utopia.de. Dazu gehöre zum Beispiel Wiederaufforstung. Denn mehr Bäume und Vegetation würden nicht nur mehr Wurzelwerk, das die oberen Bodenschichten vor Erosion schützt, sondern auch die Wiederherstellung eines funktionierenden Ökosystems bedeuten.
Auch an die lokalen Bedingungen angepasste Anbaumethoden seien eine wichtige Gegenmaßnahme. Der Anbau in Terrassenform oder mithilfe von Steinwällen und Hecken verhindere besispielsweise, dass sich die oberen fruchtbaren Erdschichten durch Wind und Regen abtragen.
Bewusster Konsum gegen Desertifikation in deutschsprachigen Ländern
„Auch wir in Deutschland können durch bewussten Konsum einen kleinen Beitrag zur Bekämpfung von Desertifikation leisten, indem wir die Herstellung vieler Rohstoffe hinterfragen, die enorme Ressourcen verbrauchen und den Nutzungsdruck auf die Landwirtschaft erhöhen“, so der Ratgeber weiter.
Baumwolle beispielsweise benötige große Mengen an Wasser. Zu genau diesem Zweck ist das Wasser aus dem Aralsee in Usbekistan und Kasachstan jahrzehntelang zum Bewässern riesiger Baumwollfelder verwendet worden, mit der Folge der Austrocknung des Aralsees, der früher einmal der viertgrößte Binnensee der Welt gewesen ist (siehe oben). Und: man könne „aktiv Ressourcen schonen, indem man seine Kleidung so lange wie möglich trägt oder secondhand kauft“.
„Was können wir tun, um die Wüstenbildung aufzuhalten?“, fragen auch die Wetterprofis von wetter.de. Auch wenn Deutschland nicht direkt von der Wüstenausbreitung betroffen sei: „Unser Konsumverhalten hat Auswirkungen auf den Wasserverbrauch und die Beanspruchung der Böden in den betroffenen Ländern“. Es lohne sich, „auch hierzulande sein eigenes Konsumverhalten zu überdenken und die ein oder andere Orange nicht zu kaufen“.