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Nicht nur schön anzuschauen: Die Gromačas, Trockensteinmauern in Kroatien, sind einen Stopp wert

Sie sind schön anzuschauen, umfassen insgesamt viele hundert Kilometer, sie sind teilweise sehr alt – und sie sind schützenswert: Gromačas, von Hand in mühevoller Trockenbauweise errichtete Steinmauern in Kroatien. Doch was hat es mit diesen pittoresken Bauwerken auf sich, wer hat sie errichtet und aus welchem Grund? SeaHelp ging dieser Frage nach.

Neben traumhaften Ankerbuchten, schönen Badestränden und Städten mit geschichtlich überaus interessanten Bauwerken, deren Alter teilweise bis ins Mittelalter reichen, hat Kroatien noch vieles andere mehr zu bieten. Viele Kroatien-Urlauber kennen zum Beispiel Vela Gromača auf Krk, was ins Deutsche übersetzt so viel heißt wie „Große Trockenmauer“, die – neben den Ruinen der Kirche St. Juraj – eine bautechnische Besonderheit auf der Insel darstellt.

Vela Gromača befindet sich unweit des Ortes Kras auf dem höchsten Gipfel der Gemeinde Dobrinj namens Kuševica (311 Meter über dem Meeresspiegel). Besucher erreichen das Bauwerk, indem sie einem gekennzeichneten Weg vom Friedhofsparkplatz bis zu dem etwa 250 Meter entfernten Aussichtspunkt folgen. Die lokale Bevölkerung des Gebiets Dobrinj nennt diese Gegend „Sankt Juraj“.

Der Name Gromača hat sich in Kroatien für alle Arten von Trockensteinmauern etabliert

Dabei handelt es bei Vela Gromača strenggenommen gar nicht um eine Trockensteinmauer im herkömmlichen Sinne, sondern um einen Hunderte Jahre alten großen Steinhaufen – der allerdings wurde einst von vielen Menschen mit der Hand gebaut. Seitdem hat sich der Eigenname Gromača in Kroatien für die Bezeichnung von Trockenmauern eingebürgert; das Wort vela bedeutet groß.

Vela Gromača, der Große Steinhaufen, welcher sich in der Nähe der Ruinen einer kleinen romanischen Kirche aus dem Jahre 1230 befindet und mit einem roten Schild gekennzeichnet ist, ist nicht nur hübsch anzuschauen; viele Besucher fragen sich, was es mit diesen Steinen, sorgfältig ohne Bindemittel übereinander gestapelt und langgezogene Mauern bildend, eigentlich auf sich hat – wer hat sie errichtet? Wann? Und aus welchem Grund?

Gromačas sind Ausdruck traditioneller Baukunst, die Zeugnis ablegen vom mühsamen Alltag der Bewohner

Fest steht, dass die Trockensteinmauern, die man an vielen Stellen Kroatiens in den unterschiedlichsten Formen und Größen bewundern kann, Ausdruck einer autochthonen (traditionellen), volkstümlichen Baukunst sind. Die von den Einheimischen nur Gromača genannten Bauwerke sind Zeugen des mühsamen Alltags der Inselbewohner, der früher überwiegend von Landwirtschaft und Schafzucht geprägt war.

Viele Generationen von Menschen haben mit ihrer Hände Arbeit aus den steinigen Böden nach und nach kleine fruchtbaren Anbau-Flächen geschaffen, indem sie die Steine einzeln aus dem Boden herausgruben. Doch wohin mit all den größeren und kleineren, meist weißen Steinen?

Die Menschen kamen auf die Idee, diese Steine gleich für die Umzäunung ihrer kleinen Grundstücke zu benutzen, so mussten sie die Steine nicht weit weg transportieren; sie haben ihr Parzellen quasi „eingemauert“, und das ganz ohne Mörtel oder andere Bindemittel.

Die Mauern entstanden, als Anbauflächen geschaffen wurden – und zur „Umzäunung“ der Parzellen

Positiver Nebeneffekt dieser Art des „Verarbeitens“ der vielen Steine an Ort und Stelle war und ist, dass auf diese Art verhindert wird, dass die fruchtbare Erde gleich wieder vom Regen fortgespült wird, oder dass Tiere an den wenigen bestellbaren Flächen Fraßschäden anrichten.

Außerdem wurden später auch gleich ganze Weiden auf diese Art und Weise „eingezäunt“ – Steine gab es ja genug. Schließlich dienten die Steinmauern auch als Grenzmarkierungen des Bodeneigentums gegenüber den Nachbarn.

Eine Besonderheit stellen Mrgari, sogenannte „Blüten aus Stein“, auf der Insel Krk dar

Eine Besonderheit auf der Insel Krk sind sogenannte Mrgari – Trockenmauern, die extra für die zeitweise Aufnahme und Separierung von Schafen errichtet wurden. Diese Mauern, auch als „Blüten aus Stein“ bezeichnet, bestehen aus einer zentralen Fläche, dem großen „Saal“ und wie bei einer Blume rundherum angelegten (aus der Luft tatsächlich an Blütenblätter erinnernden) kleineren Flächen, die im Besitz verschiedener Hirten sind.

Genutzt wurden die Mrgari in der Form, dass alle versammelten Hirten die Schafe von den Weiden Richtung des trichterförmigen Eingangs der Trockenmauern trieben. Wenn alle Schafe im „Saal“ versammelt waren, wurde der Eingang geschlossen, und jeder Hirte konnte nun in Seelenruhe seine eigenen Schafe abtrennen, indem er sie in seinen eigenen, kleinen Trockenmauerbau einschloss.

 

Gromačas - Steinmauern sogenannte Mrgari Trockenmauern
© Goran | Adobe Stock

 

Die „Steinernen Blüten“ findet man auf dem südlichen Teil der Insel Krk im Hochland

Nachdem die Hirten ihre Tiere geschert hatten, wurden diese ganz einfach durch Öffnen eines kleinen Tores an der Außenseite wieder zurück auf die Weide gelassen.

Die „Steinernen Blüten“, welche sonst nur aus Island und Wales bekannt sind, kann man in Kroatien nur auf dem südlichen Teil der Insel Krk finden. Errichtet wurden sie vor langer Zeit von Hirten aus dem Tal von Baška, vornehmlich von Schafzüchtern aus den Orten Baška, Batomalj und Jurandvor. Zehn Trockenmauern dieser Art sind heute bekannt, jeweils fünf auf jedem Hochland, sowie fünf weitere auf der benachbarten Insel Prvić.

Auf Hvar wurden Gromača zwischen Stari Grad und Vrboska teilweise von griechischen Siedlern errichtet

Auch auf der Insel Hvar gibt es viele Trockenmauern, welche von mehreren Generationen in mühevoller Handarbeit errichtet wurden. Zumeist geschah das dort, um in kargen Gebieten Anbauflächen für Olivenbäume zu schaffen.

Aber auch eine weit zurückreichende historische Bedeutung wird den Trockenmauern nachgesagt: so sollen die Gromača auf Hvar zwischen Stari Grad und Vrboska zumindest teilweise von griechischen Siedlern (ab 344 v.Chr.) als Parzellengrenzen angelegt worden sein – und zwar streng rechteckig.

Auch hier entledigte man sich damit gleichzeitig elegant der vielen Steine und konnte so nebenbei saubere Anbauflächen (zum Beispiel, um Lavendel anzupflanzen) und begehbare Steinwälle schaffen.

2008 wurde das Ager-Feld von Stari Grad UNESCO-Welterbe, Grund waren u.a. auch die Trockenmauern

Das Ager-Feld von Stari Grad zählt heute zu den besterhaltenen griechischen Parzellierungswällen; 2008 wurde das Gebiet auf die UNESCO-Welterbe-Liste gesetzt. In der Begründung der UNESCO World Heritage Convention heißt es unter anderem: „die Ebene von Stari Grad bildet ein Landwirtschafts- und Landnutzungsensemble von großer Integrität.

Die Authentizität des griechischen Landaufteilungssystems, bekannt als Chora, ist in der gesamten Ebene deutlich zu erkennen. Die gebauten Strukturen der Steinmauern sind authentisch, wobei seit der Gründung durch die Griechen die gleichen Grundmaterialien für Trockenmauern verwendet und wiederverwendet werden“.

Auch Häuser, sogenannte Trimas, wurden ohne Bindemittel aus Trockensteinen errichtet

Auch ganze Häuser wurden ohne Bindemittel aus Trockensteinen errichtet. Die sogenannten Trimas sind einfache Rundhäuser, deren Dächer aus übereinandergelegten, dünnen Steinplatten bestehen.

Die alten Trockenmauern und Steinwälle lassen sich übrigens sogar von Laien von den neu angelegten Gromačas unterscheiden: die älteren Steine weisen vermehrt Erosionsspuren auf und sind teilweise dunkelgrau verfärbt.

Viele Menschen haben den architektonischen Wert der Trockensteinmauern erkannt und wollen dieses kulturelle Erbe erhalten und pflegen. So gab es bereits vor einigen Jahren, konkret im November 2014, etwa ein sogenanntes Bildungswochenende an der Riviera von Crikvenica, Titel des (kostenlosen) Workshops: „Erhaltung der Trockenmauern in Kotor“.

Zwischen den Steinen der Mauern finden viele Tiere und Pflanzen Schutz

Menschen sollten für die Bedeutung der Gromača für Kroatien und Europa sensibilisiert werden, das Wissen über den Bau von Trockenmauern sollte bewahrt werden, und bestehende Steinmauern sollten repariert und gepflegt werden.

Doch nicht nur für die Menschen haben die Trockensteinmauern eine Bedeutung, derer man sich überall im Lande nach und nach immer stärker bewusst wird. Zwischen den Steinen der Mauern haben auch viele Tiere und Pflanzen Schutz gesucht – und gefunden. Schlangen, Eidechsen und Insekten nutzen die Bauwerke als willkommene Behausung. In der Nähe der Gromačas leben wiederum viele Vogelarten und Fledermäuse, die sich von den Insekten ernähren.

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