Was hat es mit den Buchstaben As, Buky, Wede, Glagoli, Dobro und Jest` auf sich? Nun sie haben eines gemeinsam: sie sind Teil des sogenannten Glagionischen Schrift-Alphabets des Kyrill von Saloniki aus dem 9. Jahrhundert. Kroatien-Urlauber können der ältesten slawischen Schrift etwa auf dem Glagolitischen Pfad in Baška auf Krk oder auf der Glagolitischen Allee von Roč nach Hum in Istrien folgen. Auch in der Kathedrale von Zagreb wird man fündig: hier befindet sich eine Steintafel mit einer Glagolitischen Inschrift.
Kulturell und schriftgeschichts-interessierte Sportschiffer auf Kroatien-Kurs können sich auf Tagesausflügen auf Krk oder in Istrien auf eine Entdeckungsreise zu den Wurzeln der slawischen Schrift begeben. Hier wie dort gibt es noch einige der historischen Zeugnisse der Glagolitischen Schrift – oder auch Glagoliza – zu bestaunen, der ältesten slawische Buchstabenschrift, die um 863 von dem byzantinischen Mönch Konstantin von Saloniki (Kyrill) für die Mission in Pannonien und Mähren weiterentwickelt worden war.
Da das griechische Alphabet für die slawischen Sprachen nur eingeschränkt geeignet war und Kyrill die kulturelle Eigenständigkeit der Slawen betonen wollte, konzipierte er die glagolitische Schrift als eine sogenannte Abstandschrift; d. h., er legte ihr zwar das griechische System (Buchstaben mit Laut- und numerischer Funktion) zugrunde, schuf jedoch ein formal unabhängiges, völlig neues Alphabet.
In Kroatien (Dalmatien und Istrien) kommt vor allem die jüngere, eckige Glagoliza vor
Als Quellen dienten ihm neben den griechischen Minuskeln auch kaukasische (insbesondere das armenische oder georgische) und semitische Schriftsysteme. Aus der konstruktiven Urform der Glagoliza entwickelte sich zunächst eine runde, dann auch eine eckige Variante. Während die runde Glagoliza verstärkt im bulgarisch-mazedonisch-serbischen Raum anzutreffen war, kam die jüngere, eckige Schrift vor allem in Kroatien (Dalmatien und Istrien) vor.
Seit dem 9. Jahrhundert entwickelte sich im Bulgarischen Reich auch die kyrillische Schrift. Diese verdrängte die Glagoliza bis ins 12. Jahrhundert dort vollständig. In Serbien konnte sich die Glagoliza bis ins 13. Jahrhundert hinein halten, bevor sie dort nicht mehr verwendet wurde. In Dalmatien blieb die Schrift dagegen für die katholische Liturgie gebräuchlich, die sie nutzenden Kleriker wurden Glagoljaši genannt.
Noch heute gilt die Glagoliza in Kroatien als ein nationales Symbol und wird oft verwendet
Kroatien-Urlauber können Zeugnisse der alten Buchstaben-Schrift beispielsweise auf der Insel Krk und in der nordwestkroatischen Region Istrien begegnen; hier hielt sich die Glagoliza noch lange Zeit, etwa in der kroatischen katholischen Kirche. Für die im 19. Jahrhundert entstandene Nationalbewegung der Kroaten wurde sie sogar ein Zeichen der Abgrenzung gegen den lateinischen Westen und den orthodoxen Osten.
Noch heute gilt die Glagoliza in Kroatien als ein nationales Symbol. Beispiel: die nationalen Seiten der seit Januar 2023 gültigen kroatischen Euromünzen zu 1 Cent, 2 Cent und 5 Cent zeigen eine Ligatur der Buchstaben Ⱈ (H) und Ⱃ (R) gemäß dem internationalen Länderkürzel HR für Kroatien laut ISO-3166-1. Zudem begegnet man ihr heutzutage noch – oder wieder – bei Schmuck, als Logos oder als Tätowierung.
Crews auf Kroatien-Törn können auf Krk den Glagolitischen Pfad entlangwandern
Wer seine Leinen vor der Insel Krk festgemacht hat, kann sich in Baška auf den Glagolitischen Pfad begeben (kroatisch: bašćanska staza glagoljice). Die Touristenattraktion besteht aus mehreren Steindenkmälern, die an verschiedenen Stellen von Baška und Umgebung anzutreffen sind und Buchstaben aus der Glagoliza darstellen. Der Pfad soll an das kulturelle Erbe der Stadt und des Landes erinnern, unter anderem an die Tafel von Baška, die dort gefunden wurde und auf den 100-Kuna-Noten abgebildet war.
Der Pfad beginnt mit dem Buchstaben Az (45°1’40“ N und 14°40’37“ O), einem etwa sieben Meter großen, aus Stein gehauenen Denkmal, das den ersten Buchstaben des glagolitischen Alphabetes zeigt. Man findet es kurz nach einer Anhöhe neben dem Willkommensschild der Općina Baška (Gemeinde Baška). Von hier aus sind es dann noch etwa sieben bis acht Kilometer bis zum Stadtzentrum, wo am Hafen das symbolische Ende zu finden ist.
Das Ende des Pfades wird von einer Windrose mit dem griechischen Omega markiert
Das symbolische Ende des Pfades ist eine Windrose mit einem griechischen Omega (44°58’9″ N 14°45’41“ O; die glagolitische Schrift enthält keinen entsprechenden Buchstaben), die sich am Ende der Strandpromenade / Fußgängerzone befindet. Für das Omega haben sich die Künstler, die dieses Bauwerk erschufen, etwas Besonderes einfallen lassen: sie integrierten den Buchstaben in eine steinerne Windrose.
Die ist nicht nur hübsch anzuschauen, sie hat auch einen praktischen Nutzwert: um das Omega herum sind zunächst auf einer quadratischen Steinplatte vier Buchstaben für die vier Himmelsrichtungen verewigt: Z für Zapad (Westen), S für Sever (Norden), I für Istok (Osten) sowie Ю für Юgo (Süden; die Glagolica kennt, wie auch die kyrillische Schrift, eine Ligatur für den Laut „Ju“).
Auf der Windrose sind die acht vorherrschenden Windrichtungen dargestellt – auf Glagolitisch
Und: dem Quadrat aus Stein ist ein Kreis einbeschrieben, auf dem für Schriftkundige unter anderem die acht Windrichtungen zu lesen sind, geschrieben als: Tramuntana, Bura, Levant, Jugo, Oštro, Lebić, Pulenat und Maestral. Neben der so entstandenen Windrose ist praktischerweise eine Art Bühne aufgebaut, von der aus die Steintafel gut von oben zu besichtigen und zu fotografieren ist.
Weitere Glagolitische Buchstaben findet man etwa an der Ortseinfahrt zu Jurandvor (L; 44°59’0″ N; 14°37’36“ O), an der Verbindung zwischen dem Az und dem Strand (Buchstaben Ž und E – direkt an einer Süßwasserquelle auf der rechten Seite der Straße(, gefolgt von einem Stein mit den beiden Buchstaben Đ und K links kurz vor einer engen Straßenbrücke. Auf dem Hauptplatz von Draga Bašćanska ist schließlich als sechster Buchstabe das J zu finden, und das W befindet sich neben der Ortstafel von Batolomaj.
Dabei umfasst der glagolitische Pfad nicht nur die Buchstaben selbst; vereinzelt zählen auch andere Kunstwerke dazu, die mit glagolitischen Buchstaben bzw. Texten spielen. Wandert man etwa auf die Anhöhe mit der Kirche des Hl. Ivan (Sveti Ivan), so kann man sich auf einer steinernen Sitzbank etwa auf halber Höhe ausruhen und ist überrascht: die Bank ist mit einem glagolitischen Text versehen.
Ein weiteres Projekt dieser Art ist die sogenannte Glagolitische Allee in Istrien
Ein weiteres Projekt dieser Art ist die sogenannte Glagolitische Allee (kroatisch Aleja glagoljaša) im Nordwesten Kroatiens (Istrien). Sie führt über sechs Kilometer von Roč nach Hum. Entlang der Strecke erinnern Denkmäler an elf wichtige Stationen in der historischen Entwicklung der ältesten slawischen Schrift Glagoliza.
Realisiert wurde dieses Projekt 1976 auf Initiative der istrischen Kulturveranstaltung Čakavski sabor nach dem Konzept der Schriftsteller Zvane Črnja (1920–1991) und Josip Bratulić (* 1939) realisiert; erschaffen wurden die Steinskulpturen dann in den Folgejahren vom Bildhauer Želimir Janeš (1916–1996).
Zu den Stationen der Glagolitischen Allee gehören neben der Säule der Čakavischen Volksversammlung (Stup Čakavskog sabora), eine zwei Meter hohe Steinsäule in Form des glagolitischen Buchstabens S und dem Tisch des Kyrill und Method (Stol Ćirila i Metoda), ein runder dreibeiniger Tisch, in den in lateinischer, kyrillischer, und glagolitischer Schrift die Worte STOL KIRILA I METODIJA eingemeißelt sind, auch der Sitz des Kliment von Ohrid (Katedra klimenta ohridskog), ein Katheder mit acht als Sitzen fungierenden Steinblöcken, im Kreis angeordnet, welche die erste slawische Schule symbolisieren sollen.
Die Mauer der kroatischen Protestanten und Häretiker ist eine landestypische Trockenmauer mit dem Glagolitischen Buchstaben S
Weitere Stationen der historischen Allee sind unter anderem das Glagolitische Lapidarium und die Schlucht der kroatischen Luzidar (Klanac hrvatskog Lucidara) im Dorf Brnobići, der Aussichtspunkt des Gregor von Nin (Vidikovac Grgura Ninskog, ein Steinblock in Form eines Buches), der Aufstieg des Istrischen Gesetzbuches (Uspon istarskog razvoda, dargestellt durch den in ein Steintor eingemeißelten glagolitischen Buchstaben L), sowie die Mauer der kroatischen Protestanten und Häretiker (Zid hrvatskih protestanata i heretika), eine Nicht nur schön anzuschauen: Die Gromačas, Trockensteinmauern in Kroatien, sind einen Stopp wert mit einer Vertiefung, in die der glagolitische Buchstabe S in Form einer Sanduhr eingelassen wurde.
Das Stadttor von Hum (Humska vrata), ein zweiflügeliges mit Kupfer beschlagenes Tor, ist mit zwölf Medaillons geschmückt, die jeweils einen Monat im Leben in Haus und Hof darstellen. Touristen sollten dieses Tor ausschließlich mit guten Absichten durchschreiten: an den zwei Türklopfern sind glagolitische Inschriften angebracht, die Besucher in der Stadt willkommen heißen, aber auch jedem drohen, der mit schlechten Absichten eintreten will.
Auch an weiteren Stellen in Kroatien wie etwa in der Kathedrale von Zagreb wird man fündig: hier befindet sich eine Steintafel mit einer schönen und gut erhaltenen Glagolitischen Inschrift.