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Keine einheitlich geregelte Schwimmwestenpflicht: Schwimmwesten: wo und wann besteht eine Tragepflicht?

Schwimmwesten können helfen, Leben zu retten. Das Problem: in Deutschland und den meisten EU-Ländern gibt es keine einheitlich geregelte Schwimmwestenpflicht. SeaHelp erklärt, wann und wo in den deutschsprachigen Ländern und den Anrainerstaaten eine Pflicht zum Tragen einer Rettungsweste besteht.

Schwimmwesten können helfen, Leben zu retten. Relevant wird das insbesondere, wenn das Wasser kalt ist oder auf der hohen See. Es gibt sie in vielen verschiedenen Ausführungen, Klassen, Größen und Farben für Segler, Jetski-Fahrer, Kanuten und SUP-Fans, und sogar für Hunde an Bord werden entsprechende Produkte angeboten. Das Problem: in Deutschland und den meisten EU-Ländern gibt es keine einheitlich geregelte Schwimmwestenpflicht.

Zwar existieren in den EU-Staaten und in Deutschland genaue Vorschriften, welche Rettungsmittel auf dem Wasser als Schwimmhilfe, und welche als Rettungsweste zu bezeichnen sind: ausschlaggebend für die entsprechende Einteilung ist eine entsprechende europäische Norm, die Schwimmhilfen und Rettungswesten in verschiedene Normklassen einteilt. Doch wo und wann diese verpflichtend zu tragen sind, dafür fehlt eine einheitliche EU-Norm. Entsprechend groß ist die Unsicherheit bei den Wassersportlern.

Für die EU-Staaten gibt es zwar Definitionen von „Schwimmhilfen“ und Rettungswesten“, jedoch keine einheitlichen Regelungen, wann diese zu tragen sind

Gut zu wissen: als Schwimmhilfen (in Westenform) werden zunächst all diejenigen Hilfsmittel klassifiziert, die bei einem Unfall auf dem Wasser das sofortige Untergehen verhindern. Diese Rettungsmittel besitzen einen Auftrieb von 50 Newton, was fünf Kilogramm entspricht. Achtung: diese Hilfsmittel sind nicht ohnmachtssicher und daher nur für Gewässer geeignet, in denen schnelle Hilfe zu erwarten ist bzw. für geübte Schwimmer.

 

Schwimmweste / Rettungsweste: Vorschriften und Regelungen
© aneduard | Adobe Stock

 

Rettungswesten hingegen sind in verschiedenen sogenannten Normklassen angeboten. Diese werden offiziell als „Leistungsklassen zum Schutz gegen Ertrinken“ bezeichnet. Die niedrigste Normklasse ist Kategorie 50 mit 50 Newton (beziehungsweise 5 Kilogramm) Auftriebskraft. Bei der Normklasse 100 handelt es sich um Rettungswesten mit 100 Newton Auftriebskraft (entspricht 10 Kilogramm); empfohlen für geschützte Reviere und Binnengewässer.

Die höchste Normklasse bei Rettungswesten heißt 275, empfohlen für schwierige Verhältnisse oder die Hochsee.

Die nächsthöhere Normklasse heißt 150. Das sind Rettungswesten, welche bereits für alle Gewässer geeignet sind, da sie bereits (unter bestimmten Bedingungen) als ohnmachtssicher gelten. Die Auftriebskraft beträgt hier 150 Newton bzw. 15 Kilogramm. Die höchste Normklasse bei Rettungswesten heißt 275 (275 Newton oder 27,5 Kilogramm Auftriebskraft) und wird empfohlen für schwierige Verhältnisse bzw. die Hochsee.

In Deutschland gibt es für Rettungswesten die DIN EN ISO 12402-Norm, Schwimmwesten mit einem Sicherheitsgurt werden von der DIN EN ISO 12401 erfasst. Für die EU gibt es außerdem die sogenannte Schiffsausrüstungs-Richtlinie MED 2014/90/EU, diese gilt eigentlich für Schiffsausrüstungen, umfasst aber auch Rettungswesten.

Wichtig zu wissen: Käufer von Schwimmwesten sollten beim Kauf auf das CE-Kennzeichen tragen, denn nur dann wird man als Nutzer auch der gesetzlich vorgeschriebenen Schwimmwestenpflicht in den EU-Mitgliedstaaten gerecht.

In Deutschland sollte man sich über die Landesvorschriften informieren und an die Empfehlungen der Wassersportverbände halten

So weit, so gut, denn: obwohl die Definition der „Schwimmwesten“ durch die EU-Vorschriften geregelt ist, gibt es in Deutschland keine einheitliche gesetzliche Regelung, welche Auskunft darüber gibt, wann, wo und unter welchen Umständen eine Rettungsweste mitzuführen bzw. zu tragen ist. Hier existieren lediglich „Empfehlungen“ einiger Wassersport-Interessengruppen, die besagen, dass eine Schwimmweste „immer mitzuführen“ sei.

In Deutschland ist die Rettungswesten-Pflicht generell Ländersache, das heisst, jedes Bundesland stellt eigene Regelungen auf oder gibt eigene Empfehlungen heraus, die sich oft auch auf bestimmte Gewässer beziehen. Nur für die Schifffahrtstraßen und die dort geltenden Vorschriften ist der Bund zuständig (Regelungen für Binnenschiffer bzw. den Gütertransport, hier nicht relevant).

Am Bodensee gibt es eine Rettungswesten-Mitführ-Pflicht für Motor-, Ruder- und Segelboote

Beispiel Bodensee: die Bodensee-Schifffahrt-Ordnung (BSO) fordert etwa in Art. 13.20 Absatz 3, dass für jede an Bord befindliche Person mit einem Körpergewicht von 40 kg oder mehr eine Rettungsweste mit Kragen mit mindestens 100 N Auftrieb mitgeführt werden muss, gültig für „Vergnügungsfahrzeuge mit Maschinenantrieb“, Ruderboote außerhalb der Uferzone (ausgenommen: Rennruderboote) und „Segelfahrzeuge“. Generell sind Sportskipper gut beraten, sich bei den Ländern bzw. den größeren Wassersport-Organisationen vorab zu informieren.

Für Deutschland (aber auch generell) gilt: auch wenn es keine ausdrückliche Schwimmwesten-Pflicht gibt, kann das Bereithalten oder Tragen einer Rettungsweste Auswirkungen auf den Versicherungsschutz haben. So kann zum Beispiel der Versicherungsschutz bei Unfallversicherungen entfallen, wenn keine Weste an Bord ist, denn in diesem Fall könnte der Versicherer dem verunglückten Versicherungsnehmer Fahrlässigkeit vorwerfen (Argumentation: der Schaden hätte vermieden bzw. verhindert werden können, wenn eine Weste an Bord mitgeführt worden wäre).

Generell hat jedes EU-Land eigene spezifische Regelungen betreffend das Mitführen oder Tragen von Rettungswesten

Achtung: in jedem Land der EU gibt es spezifische Regelungen. So ist in Österreich das Tragen von Schwimm- oder Rettungswesten zwar nicht ausdrücklich vorgeschrieben, im Unglücksfall wäre das Fehlen von entsprechender Sicherheitsausrüstung jedoch als Verletzung der Allgemeinen Sorgfaltspflicht (§ 7 Schifffahrtsgesetz, § 1.04 WVO und § 6 SFVO) zu bewerten.

In der Schweiz (sowie am Bodensee, siehe oben) gibt es eine „Mitführungspflicht“ ab einer Entfernung von über 300m vom Ufer. In Italien gilt für SUPer, wie auch für Windsurfer, eine Rettungswesten-Pflicht, und auch auf dem Gardasee gilt: Schwimmwesten müssen getragen werden, sobald man sich mehr als 300 Meter vom Ufer entfernt. Das gilt gleichermaßen für Skipper, Stand-Up-Paddler Surfer.

Weitere Beispiele: in Norwegen besteht seit dem 2015 ein Schwimmwestenpflicht für Insassen von Booten mit einer Länge bis zu acht Metern (§ 23 SmåbåtlovenI), in Dänemark gibt es zwar eine Schwimmwestenpflicht, diese ist jedoch nicht gesetzlich vorgeschrieben – relevant jedoch, wie bereits oben beschrieben, für den Versicherungsschutz. In Schweden besteht eine Schwimmwestenpflicht lediglich für Kajak-Verleiher; eine generelle Schwimmwestenpflicht für Wassersportler besteht nicht.

In Frankreich gibt es gleichfall keine gesetzlich normierte, vorgeschriebene Schwimmwestenpflicht, hier sollte man sich jedoch als Sportskipper an die von den Verbänden empfohlene Mindest- und Sicherheitsausrüstung auf den jeweiligen Gewässern halten.

Detaillierte Vorschriften gibt es für Sportboote, die in spanischen Gewässern unterwegs sind

Sportskipper, die mit einem Boot in spanischen Gewässern unterwegs sind, sollten den Königlichen Erlass 339/2021 vom 18. Mai 2021 kennen, der unter anderem die Sicherheitsausrüstung von Freizeitbooten regelt. In Kapitel II Rettungsausrüstung gibt es dort in Artikel 7 auch Regelungen zur Schwimmwesten-Pflicht.

Danach müssen Sportboote mindestens eine Schwimmweste pro Person an Bord mitführen, die durch eine Rettungsweste (mit Licht) ergänzt wird. Bei Sportbooten, die in den Zonen 4, 5, 6 oder 7 fahren und ausschließlich tagsüber verkehren, kann jedoch auf Licht verzichtet werden.

Zone 4 ist dabei als Schifffahrt im Bereich zwischen der Küste und der parallel dazu verlaufenden Linie bei 12 Seemeilen definiert, Zone 5: Schifffahrt, bei der sich das Schiff nicht mehr als 5 Meilen von einem Schutzraum oder zugänglichen Strand entfernt, Zone 6: Schifffahrt, bei der sich das Schiff nicht mehr als 2 Meilen von einem Schutzraum oder zugänglichen Strand entfernt, Zone 7: Schifffahrt in geschützten Küstengewässern, Häfen, Reeden, Flussmündungen, geschützten Buchten und geschützten Gewässern im Allgemeinen.

Außerdem gilt: Sportboote, die in Zone 1 fahren (definiert als unbegrenzte Navigationszone), müssen eine zusätzliche Schwimmweste tragen. Zudem müssen für alle Kinder und Babys an Bord Schwimmwesten entsprechend ihrem Gewicht und ihrer Größe bereitgestellt werden.

Für Spanien werden für jedes Befahrensgebiet Westen mit spezifischem Mindestauftrieb vorgeschrieben.

Der Mindestauftrieb, den die (CE-zertifizierten) Westen haben müssen, beträgt in der Zone 1 (unbegrenzte Fahrt) – 275 Newton, in den Zonen 2. 3. 4 – 150 Newton (wobei Zone 2 als Schifffahrt im Bereich zwischen der Küste und der parallel dazu verlaufenden Linie bei 60 Seemeilen definiert wird und Zone 3 als Schifffahrt im Bereich zwischen der Küste und der parallel dazu verlaufenden Linie bei 25 Seemeilen); für die Zonen 5, 6 und 7 (Definition siehe oben) ist ein minimaler Auftrieb der Westen von 100 Newton vorgeschrieben.

Schließlich müssen Sportboote, die in den Zonen 1, 2, 3 oder 4 fahren, zusätzlich auch einen Rettungsring mit Licht und Leine mitführen. Darüber hinaus muss in Zone 1 ein zusätzlicher Rettungsring mitgeführt werden, für den weder Licht noch Verbindungsmittel erforderlich sind.

Der Geltungsbereich dieses königlichen Erlasses erstreckt sich auf alle Freizeitboote, die in Spanien registriert sind, „in Übereinstimmung mit der geltenden Gesetzgebung eine Tätigkeit zu kommerziellen oder lukrativen Zwecken in Meeresgewässern ausüben, in denen Spanien unabhängig von seinem Flaggenstaat Souveränität, Hoheitsrechte oder Gerichtsbarkeit ausübt“, oder die „die inneren Meeresgewässer Spaniens oder das spanische Küstenmeer (befahren), unabhängig vom jeweiligen Flaggenstaat“.

Für Kroatien-Bootsurlauber gilt eine Schwimmwesten-Pflicht für schnelle Boote

Für Kroatien gilt: Alle Personen auf Booten, die mehr als 20 Knoten fahren, müssen während der Fahrt Schwimmwesten tragen, es sei denn, sie befinden sich in Innenräumen. Im Zweifel gilt hier: diese Regelung gilt für Boote, welche 20 Knoten (etwa 37 km/h) schnell fahren können (technisch mögliche Höchstgeschwindigkeit) und für Boote, mit denen man tatsächlich mit dieser Geschwindigkeit unterwegs ist.

Die Rettungswesten-Pflicht dürfte also auch dann bestehen, wenn man beispielsweise mit einem Jetski, das theoretisch 20 Knoten oder mehr fahren kann, nur mit 10 Knoten (18,5 km/h) unterwegs ist. In Spanien ist dagegen das Tragen von Rettungswesten gesetzlich verpflichtend, egal ob es sich um Küsten- oder Binnengewässer bzw. kleinere Seen handelt. Allerdings gilt diese Regelung in Kroatien nur für Boote, die unter kroatischer Flagge fahren.

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