Mit 1.1.2022 ist es zu Neuerungen im Gewährleistungsrecht gekommen, die auch für Yachteigner interessant sind. Hintergrund der Neuerungen ist die Umsetzung von EU-Richtlinien, die Käuferrechte stärken und die Gewährleistung zudem auch auf die Bereitstellung digitaler Inhalte ausweitet. Vielen Eignern ist jedoch gar nicht bewusst, dass was hinsichtlich der Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen beim Yachtkauf zu beachten ist und Gewährleistungsansprüche unter Umständen im eigenen Wohnsitzstaat geltend machen können, auch wenn sie ihre Yacht bei einem ausländischen Verkäufer gekauft haben.
1. Ärger beim Yachtkauf
Die Vorfreude auf die eigene Yacht ist meist die schönste Freude. Nach der Übernahme bemerkt man jedoch oftmals, dass nicht alles so funktioniert, wie es sollte. Das beginnt bei Kleinigkeiten, wie dem GPS-Plotter und endet bei groben Mängeln, die zumeist auch Mangelfolgeschäden zur Folge haben können. Beispiele dafür, wie Osmosebefall oder ein Motorschaden wegen unzureichender Services des Vorbesitzers gibt es unzählige. Generell empfiehlt es sich, für gewisse Schäden eine Versicherung abzuschließen, die das Risiko eines später auftretenden Schadens deckt (z.B. Motorenversicherung der SeaHelp Insurance).
Werden Mängel von der Versicherung nicht gedeckt, ist man jedoch auf die Bereitschaft des Verkäufers angewiesen, Mängel zu beheben, wobei das Interesse vieler Verkäufer zuweilen sinkt, sich mit allfälligen Mängeln zu befassen, sobald die Yacht übergeben wurde. In manchen Fällen wird sogar behauptet, dass der Mangel bei der Übergabe der Yacht gar nicht vorgelegen sei und der Käufer somit keine Gewährleistungsansprüche geltend machen könne. Auch wenn Gewährleistungsansprüche dem Grunde nach anerkannt werden, kann es entweder zu Differenzen kommen, wie die Mängel zu beheben sind – zumal der Verkäufer ein Interesse daran hat, die zusätzlichen Kosten für die Mängelbehebung zu minimieren. Egal in welcher Konstellation, für den Käufer bedeutet dies Ärger und Stress.
2. Professionelle Hilfe vom Rechtsanwalt
Es herrscht weitläufig der Glaube, dass man dieser Situation ausgeliefert ist, da eine juristische Verfolgung seiner eigenen Ansprüche im Ausland erfolgen müsse und ohnehin zwecklos sei. Nun, dem ist in vielen Fällen ganz und gar nicht so. In jedem Fall empfiehlt es sich, seine Ansprüche und deren Durchsetzbarkeit von einem Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Die Kosten für ein Erstgespräch bei einem Rechtsanwalt übernimmt üblicherweise die Rechtsschutzversicherung.
3. Anwendbares Recht beim Yachtkauf
Als Vorfrage zu klären ist einerseits, welches Recht auf den geschlossenen Kaufvertrag anwendbar ist und andererseits, welcher Gerichtsstand für die Geltendmachung von Ansprüchen gilt. Dabei kommt es einerseits darauf an, ob die Yacht von einem Händler oder einer Privatperson gekauft wurde und andererseits, ob in dem Kaufvertrag eine Rechtswahl getroffen und / oder eine Gerichtsstandsvereinbarung enthalten ist:
Innerhalb der EU gilt grundsätzlich die EU-Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO). Wurde in dem Kaufvertrag nicht die Anwendbarkeit des Rechts eines bestimmten Staats vereinbart, kommt bei Kaufverträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmern, die beide ihren Sitz in der EU haben, grundsätzlich das Recht des Staats, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, zur Anwendung. Auf den Kaufvertrag eines österreichischen Eigners mit einem italienischen Händler würde somit österreichisches Recht zur Anwendung kommen. Wurde der Kaufvertrag zwischen zwei Privatpersonen geschlossen, dann gilt grundsätzlich das Recht des Staates, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Wurde im Kaufvertrag dagegen die Anwendbarkeit des Rechts eines bestimmten Staats vereinbart, kommt grundsätzlich dieses Recht zur Anwendung, wobei die Rechtswahl nicht dazu führen darf, dass er einen geringeren Schutz als nach dem Recht seines Wohnsitzstaats genießt.
4. Gerichtsstand beim Yachtkauf
Unabhängig davon ist zu prüfen, welcher Gerichtsstand für die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen gilt. Innerhalb der EU gilt diesbezüglich die Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Die EuGVVO hat Vorrang vor nationalem Recht und ist nur anwendbar, wenn ein Auslandsbezug besteht.
4.1. Gerichtsstand bei Kauf von Yachthändler
Bei einem Geschäft zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer (Verbrauchergeschäften) – wie es bei dem Kauf einer Privatyacht in der Regel der Fall ist – kann der Käufer, sofern er Verbraucher ist, den gewerblichen Verkäufer in dem eigenen Wohnsitzstaat klagen, wenn es sich um einen Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung handelt oder wenn der Unternehmer in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Weg auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Mitgliedstaaten, einschließlich dieses Mitgliedstaates, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Dies wird bei einem ausländischen Händler regelmäßig der Fall sein, da sich seine Angebote auch an Personen in dem Wohnsitzstaat des Käufers richten.
Eine Klage des Unternehmers gegen den Käufer kann wiederum nur bei dem Wohnsitzgericht des Käufers eingebracht werden (Verbrauchergerichtsstand).
4.2. Gerichtsstand beim Kauf von Privateigner
Liegt ein Kaufvertrag zwischen einem privaten Käufer und einem privaten Verkäufer vor, gilt – vorbehaltlich einer anderslautenden schriftlichen Gerichtsstandsvereinbarung – der Gerichtsstand des Verkäufers, sodass sich jedenfalls eine Gerichtsstandsvereinbarung beim Kauf der Yacht empfiehlt.
5. Zwischenergebnis
Als Zwischenergebnis kann zusammengefasst werden, dass bei Mängeln an Yachten gegenüber dem gewerblichen Verkäufer innerhalb der EU nicht nur das Recht des Wohnsitzstaats des Verbrauchers anwendbar ist, sondern es auch zwingend der Wohnsitzgerichtsstand des Verbrauchers gilt. Dies stärkt naturgemäß die Position des Privatkäufers gegenüber dem Händler bei der Durchsetzung seiner Ansprüche, da ausländische Händler aufgrund des erheblichen administrativen und finanziellen Aufwands regelmäßig wenig Interesse daran haben, ein Gerichtsverfahren im Ausland zu führen. Im Fall von Privatkäufen ist auf Seite des Käufers eine Vereinbarung über das anwendbare Recht und einer schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung empfehlenswert.
6. Gewährleistung
6.1. Mängel bei der Yacht
Die Gewährleistung ist allgemein die verschuldensunabhängige Haftung für Mängel, die eine Leistung zum Zeitpunkt der Erbringung aufweisen. Der Verkäufer einer Ware haftet somit für Mängel an der Ware, die zum Zeitpunkt der Übergabe bestanden haben. Alles was vom vertraglich Geschuldeten abweicht, kann als Mangel klassifiziert werden.
Wenn beispielsweise eine Yacht nur 18 Knoten anstatt der angegebenen 22 Knoten läuft, könnte ein gewährleistungspflichtiger Mangel vorliegen. Seit 1.1.2022 sind bei einem Kaufvertrag zwischen einer Privatperson und eines Gewerbetreibenden – wie beispielsweise Händler – auch digitale Elemente einer Ware vom Gewährleistungsrecht mitumfasst, sodass auch Softwaremängel gewährleistungspflichtig sind. Zusätzlich besteht nunmehr eine Update-Pflicht für gewerbliche Verkäufer, wonach Verkäufer eine gewisse Zeit lang für Aktualisierungen zu sorgen haben, damit das Gerät oder der digitale Dienst weiterhin problemlos verwendet werden kann. Im Zusammenhang mit Yachten ist in diesem Zusammenhang an die Bordsoftware oder die Software des GPS-Plotter zu denken, die ebenso wie physische Mängel nunmehr gewährleistungspflichtig sind.
Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen des Mangels ist der Zeitpunkt der Übergabe, wobei grundsätzlich der Käufer für das Vorliegen des Mangels zum Übergabezeitpunkt beweispflichtig ist. Grundsätzlich gilt eine Beweislastumkehr innerhalb der ersten sechs Monate ab Übergabe, sodass der Verkäufer in den ersten sechs Monaten den Beweis antreten musste, dass kein Mangel zum Übergabezeitpunkt vorlag. Seit 1.1.2022 wurde der Zeitraum für die Beweislastumkehr bei Verträgen zwischen Privatpersonen und Gewerbetreibenden von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert, was die Käuferposition zusätzlich stärkt.
6.2. Gewährleistungsansprüche zur Behebung der Mängel
Ist nun erwiesen, dass ein Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe vorgelegen hat besteht ein Anspruch auf Mängelbehebung. Dabei sind zuerst die primären Gewährleistungsbehelfe geltend zu machen, nämlich die Verbesserung oder der Austausch der Ware. Der Verkäufer soll somit eine „zweite Chance“ erhalten, um den vertragskonformen Zustand herzustellen. Die Nacherfüllung ist dabei in einer angemessenen Frist zu bewirken. Solange der gewährleistungspflichtige Verkäufer nicht nacherfüllt, muss der Übernehmer seine Gegenleistung (den Kaufpreis) nicht erbringen. Sollte der Verkäufer mit der Nacherfüllung in Verzug geraten, sich der Verkäufer gar weigern, die Nacherfüllung vorzunehmen oder die Nacherfüllung mit nicht zumutbaren Unannehmlichkeiten für den Käufer verbunden sein, kann auf die sekundären Gewährleistungsbehelfe, nämlich die Preisminderung oder die Wandlung, umgestiegen werden.
Im Zusammenhang mit Gewährleistungsbehelfen tritt häufig die Situation ein, dass ein Mangel durch den Käufer selbst behoben wird, beispielsweise wenn ein Dritter damit beauftragt wird, eine Reparatur durchzuführen. Das Gewährleistungsrecht kennt grundsätzlich keine Selbstverbesserung, sodass ein Ersatz der diesbezüglichen Kosten grundsätzlich nicht vorgesehen ist. Nach der Rechtsprechung muss sich der Gewährleistungspflichtige aber das vom Kaufpreis abziehen lassen, dass er sich durch das Unterbleiben der Verbesserung erspart hat. Dabei ist regelmäßig an die Kosten für die Beauftragung eines Unternehmens zur Mängelbehebung oder – falls der Verkäufer den Mangel selbst beheben kann – an Material- und Personalkosten zu denken.
7. Auf den Punkt gebracht:
Käufer von Privatyachten können gegenüber Verkäufern Gewährleistungsansprüche geltend machen, wobei bei Sachverhalten innerhalb der EU bei Käufen von Händlern das Recht des Staates gilt, in dem der Käufer (Verbraucher) seinen Wohnsitz hat und der Wohnsitzgerichtsstand des Käufers (Verbrauchergerichtsstand) gilt. Für Käufe von Privatpersonen ist eine Vereinbarung über das anwendbare Recht und eine schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung empfehlenswert. Ein Mangel stellt eine Abweichung vom vertraglich Geschuldeten dar (davon umfasst sind auch Eigenschaften der Yacht etc.). Vom Gewährleistungsrecht sind gegenüber Händlern ebenso digitale Leistungen und Dienste erfasst (GPS-Plotter Software, Bordsoftware etc.).
Es wird vermutet, dass ein Mangel zum Übergabezeitpunkt vorlag, wenn der Mangel innerhalb von sechs Monaten (bei Händlern innerhalb eines Jahres) ab Übergabe auftritt. In einem ersten Schritt kann die Verbesserung oder der Austausch verlangt werden (Reparatur oder Austausch der Yacht, wobei dies insbesondere bei Privatkäufen regelmäßig nicht möglich sein wird).
Kommt der Verkäufer dieser Forderung nicht (fristgerecht) nach oder stellt die Verbesserung eine unzumutbare Unannehmlichkeit für den Käufer dar (jeweils im Einzelfall zu beurteilen), kann die Preisminderung oder die Wandlung des Kaufvertrags verlangt werden. Im Fall der Selbstverbesserung kann das vom Verkäufer als Ersatz verlangt werden, was er sich selbst durch das Unterbleiben der Selbstverbesserung erspart hat.
Autor
Florian Dauser LL.B., LL.M. ist Rechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskanzlei Fellner Wratzfeld & Partner in Wien und auf Schifffahrts- und Seerecht sowie Versicherungsrecht und Arbeitsrecht spezialisiert.
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