Der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) hat sich in einer jüngeren Entscheidung zu den Meldepflichten und Obliegenheiten gegenüber Versicherern und deren Leistungspflicht geäußert. Diese Entscheidung ist nicht nur für den Anlassfall, sondern auch für Yacht-Eigner äußerst interessant und zu beachten.
1. Zur Rechtslage bei Versicherungsverträgen
Oftmals sind in Versicherungsverträgen Klauseln enthalten, die den Versicherten einerseits dazu verpflichten, allfällige Schadensfälle sofort an den Versicherer zu melden und andererseits den Versicherer von seiner Leistungspflicht entbinden, wenn diese Meldepflicht verletzt wird.
Yacht-Eigner sind somit grundsätzlich gut beraten, ihren Versicherungsvertrag bzw die geltenden Bedingungen prüfen zu lassen, um keine Obliegenheitsverletzung zu begehen, auf die sich der Versicherer letztlich berufen kann.
Das Versicherungsvertragsgesetz (VersVG) sieht hinsichtlich solcher Regelungen vor, dass sich der Versicherer auf eine Vereinbarung, nach welcher er von der Verpflichtung zur Leistung befreit ist, wenn der Meldepflicht nicht nachgekommen wird, nicht berufen kann, wenn der Versicherer auf andere Weise vom Eintritt des Schadensfalls rechtzeitig Kenntnis erlangt hat. Kurzum: erfährt der Versicherer auf anderen Weg als vom Versicherten von einem Schaden, kann er nicht einwenden, nicht leisten zu müssen.
Zudem regelt das VersVG auch, dass die Leistungsfreiheit im Fall einer Obliegenheitsverletzung (hier: Unterlassen einer Meldung) nur eintritt, wenn die Obliegenheitsverletzung auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Versicherten beruht. Diese Regelung wurde in dem vom OGH zu beurteilenden Anlassfall von der Versicherung als Argumentationsgrundlage herangezogen:
2. Zum Anlassfall
In dem der eingangs erwähnter Entscheidung des OGH (GZ 7 Ob 52/22f) zu Grunde liegenden Sachverhalt ging es um einen Schaden an einer Schrankenanlage, der beim Passieren durch einen LKW verursacht wurde. Der Versicherer des Fahrzeughalters des LKW wurde einen Tag nach dem Vorfall von dem Eigentümer der Schrankenanlage informiert. Der Halter des LKW meldete den Schaden erst nach knapp zwei Wochen bei seinem Versicherer. Der Versicherer leistete an den Geschädigten und forderte daraufhin im Regressweg die Zahlung dieses Betrags von dem Fahrzeughalter.
3. Zur Argumentation der Versicherung
Der Versicherer forderte die Rückzahlung mit der Begründung, dass der Fahrzeughalter den Schaden mit Täuschungs- und Verschleierungsvorsatz nicht gemeldet hätte und daher die obig erörterte Regelung des VersVG, wonach der Versicherer leisten muss, wenn er anderweitig von dem Schaden erfährt, nicht zu Anwendung käme.
Aus juristischer Sicht argumentierte der Versicherer also, dass das VersVG eine Leistungsbefreiung nur im Fall von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit vorsehe, sodass die Leistungsbefreiung bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit auch eintreten soll, wenn der Versicherer anderweitig von dem Schaden erfährt.
4. Zur Entscheidung des OGH
Der OGH verwarf die Argumentation des Versicherers mit der Begründung, dass die angesprochenen Regelungen des VersVG im Wesentlichen sicherstellen wollen, dass Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall (wie hier die Meldepflicht) dem Zweck dienen, den Versicherer vor vermeidbaren Belastungen und ungerechtfertigten Ansprüchen zu schützen. Eine verspätete Meldung eines Versicherungsfalls sei dazu geeignet, dessen sichere Feststellung sowie die Feststellung des Leistungsumfangs durch den Versicherer zu beeinträchtigen.
Wenn der Versicherer aber anderweitig rechtzeitig von dem Schadensfall erfährt, kann der Versicherungsfall ordnungsgemäß abgewickelt werden und der Schutzzweck des VersVG ist erfüllt. Dies unabhängig davon, ob die Meldepflicht erfüllt wurde oder nicht. Erfährt der Versicherer hingegen nicht rechtzeitig von dem Schadensfall, ist der Versicherer von seiner Leistungspflicht entbunden, wenn der Versicherte fahrlässig oder vorsätzlich handelt.
5. Bedeutung der Meldepflicht für Yachteigner
Yachteigner können aus der Entscheidung des OGH mitnehmen, dass Schadensfälle – sei es am eigenen oder an einem fremden Schiff – grundsätzlich unverzüglich bei dem eigenen Versicherer zu melden sind. Versicherungsverträge sehen oftmals vor, dass der Versicherer von der Leistung befreit ist, wenn Schadensfälle vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht gemeldet werden. Dies tritt jedoch nicht ein, wenn der Versicherer rechtzeitig – also ebenfalls unverzüglich – von dem Schadensfall erfahren hat.
Zumal sich Yachteigner nicht darauf verlassen können, dass Versicherer anderweitig von Schadensfällen erfahren, sind sie jedenfalls gut beraten, Schadensfälle sofort zu melden, insbesondere wenn die geltenden Versicherungsbedingungen eine Leistungsbefreiung vorsehen.
Autor
Florian Dauser LL.B., LL.M. ist Rechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskanzlei Fellner Wratzfeld & Partner in Wien und auf Schifffahrts- und Seerecht sowie Versicherungsrecht und Arbeitsrecht spezialisiert.
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