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Lebensrettende Technologie auf See: Wie funktioniert eigentlich eine Emergency Position-Indicating Radiobeacon Station (EPIRB)?

Eine Signalpistole oder auch Raketen seien einmal wirkungsvoll in den Titanic-Zeiten gewesen, schreibt Weltumsegler und Buchautor Bobby Schenk in unserer News vom 16.6.2024, heute könne man diese viel effektiver durch leistungsstarke LED-Scheinwerfer oder diverse Funksignale ersetzen. Am wirkungsvollsten und verbreitetsten sind heutzutage Seenot-Funksignale von EPIRBS – Emergency position-Indicating radiobeacon stations, oder auf Deutsch: Notfunkbaken. Aber wie funktionieren diese Funkbaken, die jeder Langfahrtsegler an Bord haben sollte, eigentlich?

Eine Funkbake zur Kennzeichnung der Notposition (engl. Emergency position-Indicating radiobeacon station, oder kurz: EPIRB), gehört heute für jeden Langfahrtsegler zur Seenot-Sicherheits-Grundausstattung. Die Geräte, welche auf Deutsch auch „Funkbake zur Kennzeichnung der Seenotposition“ (oder kurz: Notfunkbake) genannt werden, sind vereinfacht gesagt zunächst nichts weiter als eine Funkstelle des Mobilfunkdienstes, deren Aussendungen die Such- und Rettungsarbeiten von Booten auf See erleichtern sollen (siehe auch unseren Artikel “Rettungsmitteln an Bord“).

In der Regel werden bei EPIRBs kleine Funksender eingesetzt, beispielsweise als Rettungsgerät-Funkstelle, mit deren Hilfe Satelliten oder Search-and-Rescue-Einsatzkräfte neben rettungsbedürftigen Personen oder Flugzeuge auch Schiffe – oder Sportboote, um die es in diesem Beitrag ausschließlich geht – gehören. Doch wie funktionieren die praktischen, mittlerweile schon in sehr kompakten Bauformen erhältlichen Geräte eigentlich?

 

EPIRBs (für den Einsatz auf See)
© NOAA – US National Oceanographic and Atmospheric Association

 

Eine EPIRB kann automatisch – durch Wasserkontakt oder manuell ausgelöst werden

Eine Notfunkbake wird entweder manuell oder automatisch aktiviert. Generell sind EPIRBs so gebaut, dass sie bei Wasserkontakt aktiviert werden. Nach der Auslösung sendet die Bake ein Alarmierungssignal auf einer oder mehreren standardisierten Notfrequenzen, bei neueren Notfunkbaken immer auf 406 MHz. Für die manuelle Auslösung muss zuerst eine Sicherung entfernt werden und ein Knopf gedrückt werden, um ein versehentliches Auslösen zu verhindern.

EPIRBs mit automatischer Auslösung können auch ein Wasserdruckauslöser-Gehäuse besitzen. Beim Sinken eines Schiffes wird die Bake aus dem Gehäuse geschleudert, steigt an die Wasseroberfläche und beginnt mit der Aussendung des Notsignals. Um einwandfrei funktionieren zu können, muss sie frei schwimmen können. Trotzdem sollte auch dieses Gerät manuell bedienbar sein (falls es zu einem Notfall an Bord kommt, zum Beispiel bei Feuer an Bord oder bei einem Piratenangriff).

Das Notsignal wird von Satelliten des COSPAS/SARSAT-Systems empfangen und an eine (meist unbemannte) Bodenstation (local user terminal, LUT) weitergeleitet. Von dort aus gelangt es in eine Rettungsleitstelle (rescue coordination center, RCC), wie beispielsweise die Seenotleitung Bremen der DGzRS in Deutschland oder die US Coast Guard in den USA (YouTube US Coast Guard Training). Diese wertet das Signal aus und leitet dann sofort Maßnahmen zur Suche und Rettung ein.

 

EPIRB Notsignal wird von Satelliten des COSPAS SARSAT Systems empfangen
EPIRB Notsignal wird von Satelliten des COSPAS SARSAT Systems empfangen.Wikipedia

 

Moderne EPIRBs empfangen Satelliten-Signale und sind Teil des GMDS-Systems

Moderne Notfunkbaken sind für den Empfang durch Satelliten konstruiert und (in der Schifffahrt) Bestandteil des Global Maritime Distress and Safety Systems (GMDSS). Zusätzlich zum Alarmierungssignal senden sie meist noch ein Peilsignal auf 121,5 MHz aus, das den SAR-Flugzeugen oder -Schiffen das Einpeilen auf die Notposition ermöglicht (auch homing genannt).

Achtung: ältere Notfunkbaken senden ausschließlich auf 121,5 MHz und sind für den Empfang durch vorbeifliegende Flugzeuge ausgelegt. Sie sind nicht Bestandteil des GMDSS und werden heute nicht mehr empfohlen. Darüber hinaus gibt es Notfunkbaken für den unmittelbaren Küstenbereich, die über UKW ein Notsignal direkt an die nächste Küstenfunkstelle senden.

Notfunkbaken sind in der Regel in einer Signalfarbe gehalten, maximal 30 cm groß, frei im Handel verfügbar, und kosten je nach Ausführung und Anwendungsgebiet mehrere hundert bis einige tausend Euro. Hochwertige Baken zeichnen sich dabei u. a. durch einen integrierten GNSS-Empfänger aus. GNSS steht dabei für Global Navigation Satellite System, ein Sammelbegriff für die Verwendung bestehender und künftiger globaler Satellitensysteme zur Positionsbestimmung und zur Navigation.

Bei EPIRBs müssen Batterien regelmäßig getauscht werden, ggf. auch unterwegs von einem Fachbetrieb

Dieser GNSS-Empfänger ermöglicht es, im Notfall neben Informationen wie der Identität des Senders und der Art des Notfalls auch die eigene Position im Notsignal mitzusenden, was die für die Suche und Rettung benötigte Zeit deutlich verkürzen kann. Die Lebensdauer einer (modernen) Notfunkbake beträgt etwa zehn Jahre. Zu beachten sind die Herstellerhinweise für die Wartung (die sich zumeist auf den Batteriewechsel beziehen). Bei neueren EPIRBs sollten die Batterien mindestens fünf Jahre halten.

Satellitengestützte Notfunkbaken sind gemäß SOLAS-Vertrag für seegehende Fahrzeuge in internationaler Fahrt ab einer Größe von 300 BRZ sowie für alle Fahrgastschiffe vorgeschrieben. Im Gegensatz dazu ist ihre Verwendung in der Sportschifffahrt freiwillig und – u. a. aufgrund ihres hohen Preises – im Küstenbereich nur wenig verbreitet.

Grundlage für das Funktionieren der EPIRBs ist das in den 1980er-Jahren entwickelte COSPAS/SARSAT-System. Es umfasst heute unter anderem sechs polumlaufende Wettersatelliten (low earth orbiting search and rescue, LEOSAR), die die international vereinbarte Notfrequenz 406 MHz abhören. Signale, die auf dieser Frequenz empfangen werden, werden zwischengespeichert und so bald wie möglich an eine Bodenstation weitergeleitet.

Signale werden je nach Ort in Sekunden bis Stunden erfasst

Nach spätestens vier Stunden wird die Bake von einem der Satelliten erfasst. Wenn die sendende Notfunkbake ihre Position durch einen integrierten GNSS-Empfänger selbst ermitteln kann, wird diese Information im Notsignal mitgesendet, so dass die Ortung mit einer hohen Genauigkeit (100 m) möglich ist. Notfunkbaken für 406 MHz senden im Notsignal eine Identitätsinformation mit, so dass viele Falschalarme schon vor der Einleitung einer Rettungsaktion durch Rückfragen geklärt werden können.

Zusätzlich zu den polumlaufenden Satelliten gibt es im COSPAS/SARSAT-System seit 1996/1997 auch geostationäre Satelliten (geostationary search and rescue, GEOSAR), die ebenfalls Signale auf 406 MHz empfangen. Vorteil dieses Systems: geostationäre Satelliten haben ständig große Teile der Erdoberfläche „im Blick“ und können daher Notsignale, die zwischen ca. 70° nördlicher und südlicher Breite gesendet werden, innerhalb weniger Sekunden empfangen und an eine der für sie vorgesehenen Bodenstationen weiterleiten.

Viele der Satelliten der Globalen Navigations-Satellitensysteme (GNSS) GPS, GLONASS und GALILEO sind mit einem MEOSAR (Medium-Earth Orbit Search-and-Rescue) Zusatzmodul für den Empfang von Notrufsignalen (406 MHz) und die Weiterleitung der Notrufsignale an die entsprechenden Bodenstationen (MEOLUT) ausgerüstet.

Der gängigste EPIRB-Typ sendet auf 406,025 und 406,028 MHz und wird vom COSPAS/SARSAT-System empfangen

Im Handel sind aktuell mehrere Arten von Notfunkbaken erhältlich, die sich durch das verwendete Alarmierungssystem und mehr oder weniger Zubehör unterscheiden. Ein weitverbreiteter Typ von Notfunkbaken, der auch Bestandteil des GMDSS ist, sendet auf 406 MHz (genauer: 406,025 MHz und 406,028 MHz). Ihr Signal kann von allen Satelliten des COSPAS/SARSAT-Systems empfangen und weitergeleitet werden.

Die meisten solcher Baken senden zusätzlich ein schwaches Signal auf 121,5 MHz als Homingsignal aus. Notfunkbaken für 406 MHz werden in zwei Kategorien eingeteilt: Geräte der Kategorie I können automatisch oder manuell ausgelöst werden, während solche der Kategorie II nur manuell ausgelöst werden können. Zusätzlich können Notfunkbaken mit Search-and-Rescue-Radar-Transpondern (SART) ausgestattet sein, die auf 9-GHz-Radarsignale antworten.

COSPAS/SARSAT-Baken werden beim Erwerb registriert und einem bestimmten Schiff zugeordnet. Nach ihrer Aktivierung sendet die Notfunkbake ein persönliches Identifikationsmerkmal, wie beispielsweise ihre Seriennummer oder die Maritime Mobile Service Identity (MMSI) des Schiffes (eine weltweit eindeutige Rufnummer des Schiffes im GMDSS), sowie ihre Position, falls ein GNSS-Empfänger integriert ist.

Angegebene Kontaktdaten helfen, Falschalarme vor Rettungseinsätzen zu klären

Durch die Registrierung bekommt die Rettungsleitstelle schon durch das Notsignal wichtige Informationen, wie beispielsweise die Art des betroffenen Schiffes (z. B. Yacht oder Tanker). Beim Kauf angegebene Kontaktdaten, beispielsweise von Verwandten, ermöglichen es der Leitstelle außerdem, viele Falschalarme zu klären, bevor eine Rettungsaktion eingeleitet wird. Zu beachten ist, dass der angegebene Kontakt sich nicht mit auf dem Schiff, sondern an Land befinden sollte und in die Törnplanung eingeweiht sein sollte (wann / wo / wer ist an Bord?).

Moderne EPIRBs für die Seeschifffahrt senden übrigens gleichzeitig zwei Notsignale aus: neben dem Notsignal über das COSPAS/SARSAT-Satellitennetzwerk ist das zusätzlich auch ein Notsignal über das AIS. Das über AIS ausgesendete Notsignal wird von den in der näheren Umgebung befindlichen Schiffen empfangen.

Alle Schiffe, die mit einem entsprechenden AIS-Empfänger ausgerüstet sind (bei SOLAS-pflichtigen Schiffen ist das vorgeschrieben, aber zunehmend ist AIS auch auf größeren Freizeitschiffen verbreitet) können das AIS-Funksignal empfangen und sehen die Position des Havaristen unmittelbar auf ihrem Kartenplotter.

AIS-EPIRBs müssen zwingend mit einem GNSS-Empfänger ausgerüstet sein. Vorteil: die Übermittlung per AIS der aktuellen Position von in Seenot geratenen Schiffen, Rettungsbooten oder Personen kann den Rettungseinsatz beschleunigen.

Für Küstengebiete gibt es Notfunkbaken, die per DSC auf UKW-Kanal 70 alarmieren

Für den unmittelbaren Küstenbereich sind Notfunkbaken erhältlich, die einen Notalarm per Digital Selective Calling (DSC) auf UKW-Kanal 70 aussenden. Ihr großer Nachteil ist die geringe Reichweite von maximal 30 Seemeilen bis zur nächsten Küstenfunkstelle. Eine UKW-Seefunkanlage bietet die gleiche Funktion, mit dem zusätzlichen Vorteil, dass nach der Alarmierung auch Kontakt mit einer Küstenstation oder anderen Schiffen per UKW-Sprechfunk hergestellt werden kann.

Eine UKW-DSC-EPIRB bietet höchstens dann einen Zusatznutzen, wenn sie zusätzlich mit einem integrierten Radartransponder ausgestattet ist, um den SAR-Einsatzkräften das Auffinden zu erleichtern. Ein UKW-DSC-EPIRB darf nur auf Schiffen eingesetzt werden, welche ausschließlich Seegebiet A1 befahren (Einteillung der Weltmeere durch die IMO, International Maritime Organization, in vier Seegebiete).

Seegebiet A1 ist das Gebiet innerhalb der Sprechfunkreichweite mindestens einer UKW-Küstenfunkstelle, die ununterbrochen für DSC-Alarmierungen (Kanal 70/156,525 MHz) zur Verfügung steht. Typischerweise hat das Gebiet eine Ausdehnung von 30–40 sm (56–74 Kilometer) zur Küste.

EPIRBs müssen kostenpflichtig bei der Fernmeldebehörde registriert und mit einer individuellen MMSI codiert werden

Für Deutsche Yachten gilt: die EPIRB muss bei der Bundesnetzagentur angemeldet werden (kostenpflichtig). Das Gerät wird dann in der sogenannten Frequenzzuteilungsurkunde für das Schiff eingetragen.

Österreichische Staatsbürger: müssen ihre Geräte bei der Österreichischen Fernmeldebehörde registrieren lassen.

Jede EPIRB wird bei der Registrierung mit einer MMSI (Maritime Mobile Service Identity) codiert, eine eindeutig individuelle Nummer, die einer entsprechenden Seefunkstelle zugeordnet ist.

Übrigens: ob eine EPIRB für ein bestimmtes Fahrtgebiet vorgeschrieben ist oder nicht, bestimmt das Recht des Flaggenstaates. Schreibt das nichts Entsprechendes vor, gilt das Recht des Landes, in dem die Yacht unterwegs ist. Im Zweifel sollte eine Funkbake zur Kennzeichnung der Seenot-Position jedoch immer an Bord sein, wenn das offene Meer befahren wird.

Und: die EPIRB sollte Teil der Boots-Einweisung vor Fahrtbeginn sein, denn das Gerät ist kein Spielzeug – auch ein versehentliches Auslösen bedeutet unweigerlich die Auslösung der gesamten Rettungskette. Jeder an Bord sollte deshalb die Bedeutung der Funkbake, die Grundzüge des Funktionierens und die verschiedenen Arten der Auslösung kennen.

Dazu gehört beispielsweise, zu wissen, dass eine durch Wasserkontakt ausgelöste Bake erneut manuell aktiviert werden muss, wenn sie aus dem Wasser genommen wird, etwa weil sich die Crew in einem Rettungsboot befindet und die Boje mit ins Rettungsboot genommen wurde. Außerdem ist bei einem versehentlichen Auslösen nicht nur die EPIRB sofort auszuschalten, sondern auch zwingend unverzüglich das zuständige Rescue-Center darüber zu informieren, dass kein Notfall vorliegt.

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