Aufgrund der aktuellen Situation rund um das Coronavirus und des Verhaltens der österreichischen Regierung bringen Boots- und Yachteigner, deren Schiffe in Kroatien auf die Einwinterung warten, wenig Verständnis für die aktuelle Reisewarnung Österreichs für die gesamte Region Kroatien auf. SeaHelp-Mitglieder Andreas und Katharina Neuner, die selbst über eine 11-Meter-Segelyacht in der Marina Veruda in Istrien verfügen, können es kaum noch fassen: „Einerseits prangert unser Bundeskanzler Kurz die Nationen an, die statt einer partiellen Reisewarnung, wie es Deutschland handhabt, gleich Reisewarnungen für ein ganzes Land aussprechen, andererseits aber belegt er ganz Kroatien mit einer Reisewarnung. Dabei dürfte schließlich bekannt sein, dass Regionen wie beispielsweise Istrien eine weitaus geringere Anzahl an Neuinfektionen aufweisen wie Wien oder Innsbruck“.
Offener Brief an Bundeskanzler Kurz
Um seinem, wie auch wie wir meinen, berechtigtem Anliegen Ausdruck, aber auch Nachdruck zu verleihen, wandte er sich in einem offenen Brief an die österreichische Regierung, insbesondere an Bundeskanzler Kurz und die zuständigen Minister. Die SeaHelp-Redaktion hat sich entschlossen, dieses Schreiben einmal im Wortlaut zu veröffentlichen, um ihm zusätzlich Gehör zu verschaffen, denn er bringt die Angelegenheit genau auf den Punkt.
Hier der Brief im Original-Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, verehrte Minister!
Wir wissen, dass momentan eine kritische CORONA-Zeit herrscht!
Wir wissen auch, dass Sie es im Moment nicht leicht haben, allen Bürgerinnen und Bürgern, es recht zu machen. Aber wir wissen auch, dass einige, von Ihnen ausgesprochene Reisewarnungen nicht gerechtfertigt und unfair sind!!
Wir sprechen hier für tausende Österreicherinnen und Österreicher, die eine Liegenschaft, oder so wie wir, eine Segelyacht in Kroatien (Istrien), haben.
Da ISTRIEN aktuell mit 9 CORONA-Infizierten belastet ist und dieser Wert
weit unter den Richtlinien für eine Reisewarnung ist, finden wir Ihre Entscheidung für
übertrieben und nicht gerechtfertigt.
Bei einer ZIB (ORF)-Ausstrahlung prangerten Sie (Kanzler Kurz) Nationen an, die eine
Reisewarnung für ein ganzes Land aussprachen.
Was machten Sie? Für ganz Kroatien wurde von unserer Regierung eine Reisewarnung ausgesprochen. Da macht es Deutschland mit partiellen Reisewarnungen aber schon viel überdachter, besser und gerechter!!!!
Da wir in Kroatien dringende und notwendige Arbeiten und Behördengänge nicht erledigen können, haben wir mit erheblichen Mehrkosten für 2020 zu rechnen! Wer zahlt das??? Sie bestimmt nicht.
Daher ersuchen wir Sie dringlichst, die Reisewarnung für Kroatien zu überdenken, zu überarbeiten und für Immobilienbesitzer oder Yachteigner, schnellst möglichst abzuändern.
Da man im Bootsurlaub vor den CORONA-Ansteckungen am sichersten ist (siehe SEAHELP-Bericht), bitten wir Sie, im Namen vieler Yachteigner, die Reisewarnung für ISTRIEN aufzuheben.
Mit der Erwartung einer Antwort verbleiben wir hochachtungsvoll
Andreas und Katharina Neuner
S/Y Second Life
Einwinterung selbst vornehmen
Die SeaHelp-Redaktion sprach mit dem Beschwerdeführer, der gute Argumente für sein Anliegen anführt: „Mein Schiff muss derzeit eingewintert werden. Natürlich kann man dass auch örtlichen Serviceunternehmen überlassen, nur weiß man nie, ob sie es einem Recht machen und wir nicht im kommenden Jahr eine böse Überraschung erleben. Außerdem müssen zahlreiche Behördengänge erledigt und Rechnungen vor Ort gezahlt werden“. Wer selbst segelt und eine Segelyacht besitzt, kann bestens nachvollziehen, das man die sorgsame Einwinterung am liebsten selbst vornimmt.
Reisewarnung Kroatien: Wo bleibt der Hausverstand?
Nicht nachvollziehen kann Familie Neuner allerdings, dass die Politik immer den berühmten Hausverstand beschwört, aber letztlich beim Thema „Reisewarnung Kroatien“ auch Regionen mit niedriger Sieben-Tage-Inzidenz mit einbezieht, während österreichische Städte wesentlich höhere Neuinfektionen aufweisen. Ähnliche Probleme sieht er auch für österreichische Staatsbürger, die über Immobilienbesitz in Kroatien verfügen.
Kroatien fluchtartig verlassen
Sie alle haben Kroatien quasi fluchtartig verlassen, als Österreich seine Reisewarnung kurzfristig noch ankündigte. Staus bis zu 14 Kilometern Länge und Wartezeiten an der Grenze wegen übermäßiger Kontrollen von mehr als 12 Stunden waren die Folge dieser unbedachten Entscheidung. Viele Yachten, Boote aber auch Wohnwagen und Häuser wurden nur notdürftig hergerichtet in der Hoffnung, später noch einmal zurückzukehren. Hier sollte man letztlich auch an die Fürsorgepflicht der Regierung appellieren, die durch kurzfristige, kaum vorhersehbare Maßnahmen dieses Dilemma erst verursacht hat.
Vor Ort keine Infektionsgefahr
Anzuraten wäre es den Politkern übrigens, sich selbst einmal von der Situation vor Ort ein Bild zu machen. Abgesehen von den Regionen wie Zagreb oder Split befindet sich kaum noch ein Tourist vor Ort, die Einheimischen halten sich zumindest im Norden Kroatiens, wie die SeaHelp-Redaktion aus eigener Erfahrung feststellen konnte, peinlichst genau an die Hygienevorschriften. Überspitzt könnte man fast schon behaupten, zumindest in den nördlichen Regionen Kroatiens fehle es schlichtweg an einer entsprechenden Anzahl an Personen, die für eine mögliche Übertragung des Coronavirus in Frage kämen.
Bootseigner sollten der Regierung schreiben
Deshalb bittet Familie Neuner auch, sich ihrem Schreiben anzuschließen und fordert Betroffene auf, sich ebenfalls zu beschweren. Hier die E-Mail-Adressen, an die man sich wenden kann: sebastian.kurz@bka.gv.at oder elisabeth.koestinger@bmlrt.gv.at .
Übrigens: Es geht den SeaHelp-Mitgliedern nicht nur um Kritik, sondern sie möchten auch Lösungsansätze aufzeigen: „Würde man beispielsweise Bootseignern und Immobilienbesitzern eine folgenlose Einreise mit entsprechendem Nachweis über ihr berechtigtes Anliegen nach Kroatien erlauben, wäre schon vielen geholfen.“
Eine Tatsache, die nicht von der Hand zu weisen ist, wenn man die Neuinfektionen in Kroatien mit denen in Österreich vergleicht